Liverpool-Star Ryan Gravenberch lässt seine Kritiker verstummen

Ajax, Bayern, Liverpool - mit gerade einmal 22 Jahren hat Ryan Gravenberch bereits eine beeindruckende Vita vorzuweisen. Dennoch schien der Niederländer seit seinem Ajax-Abgang in der Entwicklung zu stagnieren. Unter LFC-Coach Arne Slot blüht das einstige Talent nun aber doch noch auf.

Von Jeremy Weitz

Für Gravenberch dürfte das Topspiel zwischen dem FC Liverpool und Manchester United am kommenden Sonntag (ab 17.00 Uhr LIVE und exklusiv bei Sky Sport Premier League) ein ganz besonderes sein. Mit Andre Onana, Noussair Mazraoui, Matthijs de Ligt, Lisandro Martinez und Antony stehen gleich fünf (!) ehemalige Ajax-Teamkollegen im Aufgebot der Red Devils.

Doch während Antony, Onana & Co. aktuell eine absolute Horrorsaison durchleben, avanciert Gravenberch beim großen Rivalen von der Anfield Road allmählich zu einem der besten Mittelfeldspieler der Premier League - eine Entwicklung, die mit Blick auf seine erste Liverpool-Saison nicht abzusehen war.

Mit großem Talent kommen große Erwartungen

Profidebüt mit 16, Stammspieler mit 18, Wechsel zum FC Bayern mit 20 - Gravenberch war seinen Altersgenossen immer mindestens zwei Schritte voraus. Allerdings haftete dem frühreifen 1,90-Meter-Hünen dementsprechend stets eine Erwartungshaltung an, der er kaum gerecht werden konnte. Die Folge: Trotz 33 Einsätzen für den deutschen Rekordmeister kam er nicht über die Rolle des Reservisten hinaus und ergriff nach nur einer Saison die Flucht zu den Reds.

Doch auch unter Jürgen Klopp wurde er nicht glücklich. Bei 39 Einsätzen fand er sich nur 21 Mal in der ersten Elf wieder und konnte nur magere sechs Scorerpunkte beisteuern - für seine Rolle als offensiver Achter bei einem europäischen Spitzenklub definitiv zu wenig.

Gleichwohl hatten die Reds seit dem Abgang von Ausputzer Fabinho zu Al-Ittihad im Sommer 2023 ein großes Problem: Wer beerbt den langjährigen Stabilisator im defensiven Mittelfeld?

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Leistungsexplosion dank neuer Aufgabe

Zunächst versuchte die Vereinsführung die Lücke mit einem großen Transfer zu füllen: Moises Caicedo von Brighton? Aurelien Tchouameni von Real Madrid? Martin Zubimendi von Real Sociedad? Für Liverpool hagelte es Absagen. Nur Wataru Endo vom VfB Stuttgart fand im August 2023 den Weg an die Anfield Road, aber mit einer Zweikampfquote von unterirdischen 32,8 Prozent in der abgelaufenen Saison gab der Japaner den Verantwortlichen keinen Anlass, die Suche nach einem Fabinho-Nachfolger einzustellen.

Da Neu-Coach Arne Slot im vergangenen Sommer keinen externen Neuzugang für das defensive Mittelfeld begrüßen durfte, musste eine interne (Not-)Lösung her: Ryan Gravenberch. Mit seinen technischen Fertigkeiten und seiner Torgefahr eigentlich prädestiniert für die Rolle des Box-to-Box-Spielers, sah Slot in dem hochgewachsenen Nationalspieler der Elftal offenbar das Potenzial zum Abräumer hinter seinen offensiven Achtern Dominik Szoboszlai und Alexis Mac Allister - zurecht, wie es sich herausstellt.

Vom Rotationspieler zum Dauerbrenner

Bereits zum jetzigen Zeitpunkt steht Gravenberch bei mehr Startelfeinsätzen (24) als in der abgelaufenen Spielzeit. Neben Kapitän Virgil van Dijk und Superstar Mohamed Salah ist der 22-Jährige der einzige Reds-Profi mit über 2100 Spielminuten in der laufenden Saison - und das nicht ohne Grund.

Seine Zweikampfquote konnte der Niederländer im Vergleich zur Vorsaison von 41,4 Prozent auf starke 60,7 Prozent steigern, zudem stellt er sogar den einstigen Wunschspieler der Reds Caicedo ins Sachen Passgenauigkeit (Gravenberch: 90,1 Prozent, Caicedo: 88,5 Prozent) und abgefangenen Bällen (Gravenberch: 36, Caicedo: 29) in den Schatten.

Liverpool-Coach Slot ist schon jetzt begeistert davon, wie gut sein Landsmann mit der neuen Rolle zurecht kommt: "Ryan war heute wieder hervorragend. Gegen den Ball war er meistens in unserer letzten Linie und musste manchmal gegen einen Neuner und gegen Flügelspieler spielen, die sehr schnell sind", lobt der 46-Jährige nach dem 2:2 gegen Fulham Mitte Dezember und ergänzt: "Mit dem Ball rückte er dann ins Mittelfeld. Eine hervorragende Vorstellung von ihm."

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Gravenberch hat seinen Platz gefunden

Gravenberch hat also endlich seinen Platz in der Fußballelite gefunden. Sollte sich das schlaksige Mittelfeld-Ass weiterhin so formstark präsentieren, dürfte auch die Führungsriege der Reds von einer kostenintensiven Neuverpflichtung für die defensive Zentrale absehen.

Nach dem 3:0-Sieg im Hinspiel gegen United gab es bereits ein Sonderlob: "Was mich am meisten beeindruckt hat, als ich anfing, mit ihm zu arbeiten, war, wieviel er laufen kann und wie gut er dann noch ist, wenn er in den Zweikampf kommt", so Slot damals. "Er bringt alles mit für diese Position".

Das Versprechen, das der damals 16-jährige Jungspund von Ajax der Fußballwelt einst gab, löst er seitdem auf der neuen Position mit jedem Spiel immer mehr ein - wenn auch mit leichter Verspätung.

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