Ralf Schumacher spricht im exklusiven Sky Interview über die Red-Bull-Fahrerpolitik
Paukenschlag in der Formel 1! Yuki Tsunoda ersetzt Liam Lawson vor dem Großen Preis von Japan im Red Bull.
27.03.2025 | 18:17 Uhr
Sky Experte Ralf Schumacher kritisiert Christian Horner sowie Dr. Helmut Marko, erklärt Hülkenbergs Rolle im Drama um Red Bull und spricht über die Zukunft von Lawson und Tsunoda.
Ralf Schumacher über …
… Tsunodas Entscheidung, den Wechsel zu Red Bull anzunehmen: "Ich hätte sie abgelehnt, weil das Auto im Moment ein Problem ist. Ich habe fast das Gefühl, der Racing Bull ist das bessere Auto von beiden und insgesamt einfacher zu fahren. Tsunoda war schnell dort, und jetzt in ein neues Team ohne jegliche Tests neben Max Verstappen zu kommen - ich sehe da nicht, wo er gewinnen kann. Wenn er halbwegs rankommt, sagt jeder, das ist ja normal. Aber wenn er ähnlich weit weg ist wie Lawson, dann war's das für seine Karriere. Deshalb hätte ich als Manager, unabhängig von Red Bull, meine Saison zu Ende gefahren und hätte mich woanders umgeschaut."
… seine Erwartungen an Yuki Tsunoda: "Ich war mir da nicht ganz sicher, aber ich habe einen guten Freund, der beide Fahrer sehr gut kennt und auch mal der Chef von ihm [Yuki Tsunoda, Anm. d. Red.] war. Er hat von Anfang an gesagt: 'Das dauert nicht lange. Drei Rennen maximal, dann sitzt Tsunoda in dem Auto, weil ich ihn klar für den besseren Fahrer halte.' Tsunoda hat bis jetzt einen super Job gemacht. Allerdings muss man sagen, vom Speed her war Lawson im letzten Jahr im Vergleich gar nicht schlecht oder gar auf Augenhöhe - teilweise sogar schneller. Und das Gleiche gilt jetzt für Isack Hadjar. Aber die entscheidende Frage ist, was kann er aus dem Auto mehr rausholen? Und das glaube ich schon mit seiner Erfahrung. Ich glaube auch, dass ihm ein übersteuerndes Auto etwas mehr liegt, als es bei Lawson der Fall ist."
Schumacher: "Kein Totalausfall, aber ..."
… eine Prognose zu Tsunodas Schicksal mit Max Verstappen als Teamkollege: "Max ist auf so einem unglaublichen Niveau, dass niemand so einfach bestehen kann. Zumal dieses Auto um ihn herum gebaut ist und das Auto ja scheinbar extrem spitz zu fahren ist. Das heißt, eine sehr starke Vorderachse hat und dafür die Hinterachse vor der Kurve schon einlenken will - also quasi übersteuern, wenn das Heck leicht ausbricht. Das ist Max' Fahrstil. Dementsprechend ist das schwer, und wir haben ja auch keine Testphasen mehr. Zu unserer Zeit konnte man wenigstens einige tausend Kilometer bei Tests zurücklegen."
… den frühen Zeitpunkt der Entscheidung seitens Red Bull: "Für mich ist das auch nach wie vor alles etwas kopflos. Und ich glaube, Red Bull muss jetzt aus dem Ganzen dringend Konsequenzen ziehen. Ich glaube, das harmoniert einfach alles nicht mehr wirklich. Christian Horner scheint auch in seiner Position - es tut mir leid, dass ich das so sagen muss - falschgelegen zu haben. Die Frage werden wir ihm hoffentlich beim nächsten, spätestens übernächsten Rennen stellen, ob er noch mal alles genauso entscheiden würde. Meines Erachtens hat er auf die falschen Pferde gesetzt, hat die guten Leute verloren - und das ist jetzt das Resultat. Also im Managementbereich war und ist das wirklich schlecht. Und was die Jungfahrer betrifft: Red Bull investiert so viel Zeit und Geld in den Aufbau der jungen Fahrer, und Dr. Marko hat oft ein glückliches Händchen. Aber jetzt muss ich sagen, das ist kein Totalausfall, aber weit davon entfernt ist es auch nicht von Dr. Helmut Marko, der Liam Lawson da zu sehr reingedrückt hat. Und ich finde, zwei Rennen sind einfach zu wenig für einen jungen Fahrer. Man hätte mehr mit ihm arbeiten sollen. Deshalb sage ich: Das Ganze ist kopflos, und ich bin echt überrascht. Und was man gar nicht außenvorlassen darf: Man destabilisiert ja jetzt auch die Racing Bulls, die ja super funktioniert haben. Aber das scheint völlig egal zu sein, was da passiert."
Horner wollte Hülkenberg wohl nicht
… Fahrer mit Red Bull-Potenzial: "Ich hätte mich jetzt vielleicht sogar von außen bedient, wenn's möglich gewesen wäre. Der Fehler war von Anfang an, nicht Nico Hülkenberg ins Auto zu lassen. Und das war Christian Horners Entscheidung, der ihn scheinbar nicht wollte - das ist das, was ich gehört habe. Man hätte neben Max Verstappen eine klare, erfahrene Nummer zwei gebraucht. Und ich glaube das hätte gut funktioniert. Im Qualifying ist er super, im Renntrimm ist er super - und das war die große Fehlentscheidung. Danach wollte Christian Horner, glaube ich, unbedingt Franco Colapinto. Der hat sich aber selbst ins Aus geschossen mit seinen drei Totalcrashs in den letzten Rennen. Und dann war da halt Dr. Marko, der zu dem Zeitpunkt gesagt hat, wir nehmen unseren Junioren. Ich persönlich sehe da im Moment allerdings keinen Junioren neben Max."
… Liam Lawsons Situation: "Das ist natürlich schon schwierig, weil man denkt: 'Ich habe es geschafft, ich bin jetzt in einem der besten Teams, und da habe ich jetzt ein Jahr Zeit, mich zu beweisen.' Und dann wird man nach zwei Rennen ausgetauscht wie ein nasser Putzfetzen. Wenn man es mal so drastisch darstellen darf, dann muss ich ganz ehrlich sagen: Das ist hart.
Auf der anderen Seite bin ich erstaunt, was er jetzt bei den Racing Bulls zu suchen hat. Denn ehrlicherweise gibt es ja genug junge Fahrer, die man dann dort einsetzen hätte können. Ich hätte Liam Lawson jetzt gar nicht mehr in ein Formel-1-Auto gesetzt. Lieber hätte ich die Chance direkt an einen jungen Fahrer gegeben - da sind genug in der Warteschleife. Denn eins ist auch klar: Er wird wahrscheinlich nie ein Topfahrer werden, und da kann man dann auch gleich in so einer Situation auf den nächsten in der Reihe gehen und sein Glück versuchen."
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