Kühnen-Kolumne: Federer ist der Spieler der Stunde
Die Kolumne von Sky Experte Patrik Kühnen
09.04.2019 | 20:18 Uhr
Sky Experte Patrik Kühnen beleuchtet in seiner Kolumne die wichtigsten Themen aus der Tennis-Welt. Der ehemalige Davis-Cup-Kapitän analysiert die Masters-Turniere in Indian Wells sowie Miami und wagt einen Ausblick auf die Sandplatz-Saison.
Finale in Indian Wells, Sieg in Miami - Roger Federer ist in Top Form und aktuell der Spieler der Stunde. Sowohl körperlich als auch spielerisch ist der Schweizer in bester Verfassung. Mich hat vor allem die Art und Weise, wie er in Miami gewonnen hat, sehr beeindruckt. Youngsters wie Daniil Medwedew oder Denis Shapovalov spielte er mit viel Routine aus und gegen die beiden aufschlagstarken Top 10 Spieler Kevin Anderson und John Isner, war vor allem sein starkes Returnspiel der Schlüssel zum Erfolg. (zur ATP-Weltrangliste)
Viele fragen sich: Wie kann er mit seinen 37 Jahren immer noch so brillieren? Nun, da spielt vieles mit rein. Ein ganz entscheidender Faktor ist, dass Federer nach wie vor den unbändigen Drang hat, sich zu verbessern. Dazu lebt in ihm diese große Leidenschaft für den Tennissport. Er selbst hat ja gesagt, dass er in einer Phase ist, in der er Spaß haben will. Und genau diese Spielfreude sieht man ihm auf dem Platz an. Hinzu kommen seine ausgeklügelte Turnierplanung, seine Vorbereitung und sein unglaublicher Erfahrungsschatz.
Madrid kommt Federer entgegen
Ich bin sehr gespannt, wie er nach fast drei Jahren Pause demnächst auf Sand agieren wird. Dass er vor den French Open Madrid als sein erstes Sandplatzturnier ausgewählt hat, ist für mich gut nachvollziehbar. Aufgrund der Höhenlage ist das Spiel dort etwas schneller, was ihm und seinem Spiel entgegenkommt. Nicht umsonst hat er dort schon dreimal gewonnen (2006 auf Hartplatz).
Anschließend hat er 14 Tage Zeit, um sich auf die French Open vorzubereiten. Dort wird die große Hürde Rafael Nadal heißen. Der Spanier musste zwar zuletzt verletzt pausieren, wird aber alles dafür geben, um in Paris erneut zu triumphieren. Sollte er topfit in die Sandplatz-Saison einsteigen, ist er weiterhin der Spieler, den es dort zu schlagen gilt.
Überrascht hat mich in Indian Wells und Miami hingegen das frühe Ausscheiden von Novak Djokovic, schließlich war der Weltranglisten-Erste der überragende Spieler bei den vergangenen drei Grand Slams. Der unbedingte Siegeswille, den wir in Wimbledon, bei den US Open und auch bei den Australian Open bei ihm gesehen haben, hat mir in den letzten Wochen aber gefehlt. Er selbst hat ja gesagt, dass er mit zu vielen Dingen außerhalb des Platzes beschäftigt war.
Zverev wird Pause nutzen
Das frühe Ausscheiden von Alexander Zverev bei den beiden Masters-Turnieren ist kein Beinbruch und sollte man nicht überbewerten. Die Erkrankung in Indian Wells kam für ihn zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt.
Er war auch in Miami mit Sicherheit noch nicht im Vollbesitz seiner Kräfte.
Die längere Pause bis zum Turnier in Monte Carlo dürfte ihm nun aber gelegen kommen. Es wird ihm gut tun etwas Abstand zu finden, abzuschalten, um sich dann voll auf die Vorbereitung für die anstehende Sandplatzsaison zu konzentrieren. Ich denke, der Wechsel auf die rote Asche kommt jetzt zum richtigen Zeitpunkt. Ende April sehen wir Alexander dann auch wieder in München. Die beiden Turniersiege 2017 und 2018 dort haben ihm in der Vergangenheit Selbstvertrauen gegeben und er hat danach jeweils in dieser Phase der Saison überragend gespielt.
Ich bin zuversichtlich, dass er dies auch dieses Mal wieder schaffen kann. (zur Turnierübersicht)
Auger-Aliassime tut dem Tennis gut
Für großes Aufsehen hat in Amerika der erst 18-jährige Felix Auger-Aliassime gesorgt. Der Kanadier hat momentan einen fantastischen Lauf und ist mit seinem sensationellen Halbfinal-Einzug in Miami, bis auf Platz 32 vorgerückt.
Eine tolle Geschichte, stand der 18-Jährige bis vor fünf, sechs Wochen nicht mal in den Top 100.
Für mich kam sein Durchbruch in Rio, als er sich dort in sein erstes Finale gespielt hat. Das hat ihm enorm viel Selbstvertrauen gegeben. Auger-Aliassime ist ein sehr erfrischender Spieler, der dem Tennis richtig gut tut.
Ihm und auch Hubert Hurkacz, der sich zuletzt kontinuierlich gesteigert hat, traue ich in Zukunft viel zu - wie auch Dominic Thiem auf Sand.
Mit Thiem ist zu rechnen
Für Dominic war der Sieg in Indian Wells enorm wichtig. Sein erster Masters-1000-Titel mit dem Sieg im Finale gegen Roger Federer ist ein Meilenstein in seiner Kariere. Nun geht es für ihn auf Sand in die vielleicht wichtigste Phase der Saison. Mit Dominic wird in den kommenden Wochen auf jeden Fall zu rechnen sein.
Mit dem Wechsel auf den Sandplatz wird sich das spannende Duell der jungen Generation gegen die Arrivierten auf einem anderen Belag fortsetzen. Die Tennis-Fans dürfen sich daher auf weitere sehr spannende Wochen freuen!