Der FC Schalke 04 ringt dem BVB im Revierderby ein 2:2 ab und bleibt auch im siebten Rückrundenspiel ungeschlagen. Ein Hauptgrund für den Aufschwung ist mit Moritz Jenz ein Winterneuzugang, der von der ersten Sekunde auf Schalke funktioniert und das Team auf ein neues Level gehievt hat.
Sechs Mal schlug Schalke auf dem Transfermarkt im Winter zu. Niklas Tauer verletzte sich in der Vorbereitung und stand noch keine Sekunde für die Knappen auf dem Platz. Jere Uhonen und Tim Skarke durften zwar sofort starten, fehlen nun aber beide ebenfalls bereits seit einigen Wochen mit Blessuren. Eder Balanta rotiert zwischen Bank und Rasen und Michael Frey, der neue Hoffnungsträger im Sturm, wartet noch auf seinen ersten Treffer, hat aber immerhin schon beachtliche drei Treffer aufgelegt.
Jenz funktioniert sofort
Doch der sechste Neuzugang, den Schalke im Winter verpflichtete, funktionierte sofort: Moritz Jenz spielte in der Hinrunde noch für Celtic Glasgow, war dort lange auch absolut gesetzt. In zehn der ersten 13 Saisonspiele in der Scottish Premiership kam er zum Einsatz, acht Mal sogar über die kompletten 90 Minuten. Auch in der Champions League absolvierte er für die Bhoys alle sechs Partien über die volle Distanz.
Doch nach der WM in Katar verlor der gebürtige Berliner seinen Stammplatz und Celtic wollte die Leihe mit dem FC Lorient, wo Jenz noch bis 2026 unter Vertrag steht, vorzeitig beenden. Schalke wurde darauf aufmerksam und lieh den 23-Jährigen kurzerhand bis Saisonende aus. Sollte Königsblau die Klasse halten, greift zudem eine Kaufpflicht in Höhe von vier Millionen Euro.
Viel Geld für die klammen Knappen, aber zum damaligen Zeitpunkt glaubten ohnehin wohl nur die größten Optimisten, dass es wirklich dazu kommen könnte. Das abgeschlagene Schlusslicht der Bundesliga lag nach der Hinrunde sieben Punkte hinter dem rettenden Ufer, selbst der Vorletzte hatte fünf Punkte mehr auf dem Konto. Hinzu kam das miserable Torverhältnis von 14:41. Schalke stellte die Schießbude der Liga UND hatte den harmlosesten Angriff. Wie soll da der Klassenerhalt gelingen?
Beste Abwehr der Rückrunde
Doch beim Jenz-Debüt gegen den 1. FC Köln spielte Schalke gleich zu Null. Eine Woche später bei Borussia Mönchengladbach gelang dies erneut und auch gegen den VfL Wolfsburg und bei Union Berlin ließ die Defensive um Jenz und den neuen Torhüter Ralf Fährmann keinen Gegentreffer zu. Zwar gelang auch kein eigenes Tor und S04 musste sich vier Mal mit einem 0:0 begnügen, aber die neu gefundene defensive Stabilität sorgte für frische Hoffnung in Gelsenkirchen.
Hauptverantwortlich dafür war Jenz, der bislang seit seinem Debüt keine Minute verpasste. Der 1,90-Meter-Hüne überzeugte sofort durch seine aggressive Zweikampfführung und seine Ruhe am Ball. Japans WM-Kapitän Maya Yoshida, in der Hinrunde noch als zu alt und zu langsam etikettiert, stabilisierte sich mit Nebenmann Jenz und Schalke war nach den Siegen in den direkten Duellen gegen den VfB Stuttgart und beim VfL Bochum plötzlich wieder auf Augenhöhe mit der Konkurrenz.
Das Revierderby am vergangenen Samstag war nun sogar das siebte Spiel ohne Niederlage am Stück und siehe da: Schalke stellt mit nur drei Gegentoren die beste Defensive der Liga in der Rückrunde. Immer mit dabei: Jenz, der sich in die Herzen der Schalker gespielt und gekämpft hat. Unvergessen, wie er gegen Stuttgart in der Nachspielzeit zu einem tiefen Kopfball ansetzt und dann die Hände in die Luft streckt, als er vom Gegenspieler getroffen wird und es Freistoß für Schalke gibt, bevor der Unparteiische wenig später abpfeift.
Babbel schwärmt: "Der Junge gefällt mir richtig gut"
Markus Babbel gerät bei Sky90 regelrecht ins Schwärmen beim jungen Innenverteidiger: "Er spielt für mich herausragend. Seitdem er von Beginn an dabei ist, ist die Nuller-Serie losgegangen, als sie keine Gegentore bekommen haben. Yoshida ist besser geworden durch ihn, wurde sicherer und spielt jetzt richtig gut. Jenz wirkt unglaublich ruhig und abgeklärt. Der Junge gefällt mir richtig gut", so der ehemalige Bundesligatrainer.
Und was sagt der Gelobte selbst? Angesprochen darauf, dass er als Hauptgrund für die neu gewonnene Stabilität gilt, gibt sich Jenz im exklusiven Interview mit Sky Reporter Dirk große Schlarmann bescheiden: "Es ist ein nettes Kompliment, aber es liegt nicht nur an mir, sondern an der gesamten Mannschaft." Und weiter: "Mit meiner Qualität, die ich habe, helfe ich den anderen aus und das sieht man in der Mannschaft. Jeder hat mehr Selbstvertrauen. Maya Yoshida und ich ergänzen uns sehr gut mit unserer Spielweise und jetzt läuft es sehr gut."
Angst, dass Schalke aktuell zu sehr im roten Bereich performt und bald ein Einbruch zu erwarten ist, hat Jenz nicht: "Wir wollen einfach weiter sehr mutig spielen und keine Angst haben. Wir wollen aggressiv und unangenehm für den Gegner sein. Manchmal ist es an der Grenze, aber das gehört dazu im Abstiegskampf. Wir spielen nicht den schönsten Fußball, aber im Abstiegskampf musst du die Punkte auch so machen", verrät der großgewachsene Innenverteidiger das Schalker Erfolgsrezept.
Jenz will auch in Augsburg siegen
Die nächste Aufgabe beim heimstarken FC Augsburg hat es aber in sich. Die bayrischen Schwaben pflegen einen ähnlich ekligen Spielstil wie die Schalker, doch verstecken werden sich die Knappen sicherlich nicht: "Wir gehen mit den Gedanken ins Spiel, drei Punkte zu holen. Das ist wie in jedem anderen Spiel, aber es wird natürlich sehr schwer", so Jenz am Sky Mikro: "Wir wissen, dass Augsburg dort immer ein schweres Brett ist bei denen zu Hause. Wir müssen wie immer eklig und aggressiv sein und den Fight annehmen. Dann sehen wir weiter, was am Ende passiert."
Anschließend steht die Länderspielpause an. Auch für Jenz oder ist der neue Schalker Stabilisator auch ein Mann für Hansi Flick? Der Winterneuzugang gibt sich bescheiden: "Dazu kann ich nicht viel sagen. Im Moment läuft es gut für mich, für Schalke auch, das ist erstmal das Wichtigste. Alles was danach kommt, wäre ein Bonus für mich", so Jenz, der aus seinem Traum aber keinen Hehl macht: "Es wäre natürlich sehr schön, denn ich habe in den U-Mannschaften für Deutschland gespielt und wäre stolz, einmal für mein Land zu spielen. Aber das ist nicht meine Entscheidung."
Länger auf Schalke? Wohl nur bei Klassenerhalt
Letztlich ist es auch nicht seine Entscheidung, wo er in der kommenden Saison Fußball spielt, auch wenn er gerne langfristig auf Schalke bleiben würde, wie kürzlich dem kicker verriet: "Unabhängig von irgendwelchen Verträgen würde ich gern mindestens vier Jahre bleiben, vielleicht werden es ja sogar mehr. Ich habe auf Schalke alles, was ich brauche. Hier ist ein großartiges Projekt in Gang gekommen. Schalke geht langfristig in die richtige Richtung, davon bin ich überzeugt", so Jenz.
Dennoch erscheint es mehr als unwahrscheinlich, dass Jenz mit S04 tatsächlich in die 2. Bundesliga gehen würde. Schalke könnte sich seine Dienste zum einen nicht leisten, zudem hat sich Jenz mit seinen Leistungen auch für andere Klubs interessant gemacht.
Bei Klassenerhalt steht einer längeren Zusammenarbeit aber tatsächlich nichts im Wege. Derzeit stehen die Chancen auch ordentlich: Schalke liegt zwar mit 20 Punkten und Platz 17 zwar immer noch auf einem direkten Abstiegsplatz und das Schlusslicht TSG Hoffenheim hat nur einen Zähler weniger, aber der Regelegationsrang ist nur zwölf Tore entfernt und auch Platz 15 (ein Punkt) und Platz 14 (zwei Zähler) sind absolut in Reichweite.
Sollte es tatsächlich mit dem Wunder klappen, wird Schalke aber hoffen, dass - anders als jetzt im Winter - Jenz dann nicht der einzige Volltreffer auf dem Transfermarkt bleibt...
