Vor dem F1-Rennen in China haben Ferrari und Hamilton noch einiges zu tun
Die Verbindung zwischen Ferrari und Lewis Hamilton ist noch keine Traum-Ehe. Der Saisonauftakt in Melbourne hat gezeigt: Es braucht Geduld und viel Arbeit, um zum angestrebten Erfolg zu kommen.
20.03.2025 | 11:55 Uhr
Nach dem ersten Rennen der Saison haben Ferrari und Hamilton noch einige Baustellen, an denen sie arbeiten müssen.
Erstes Rennen für Ferrari, erster Dämpfer!
Der Start von Lewis Hamilton bei seinem neuen Rennstall hätte kaum schlechter laufen können. Mit Platz zehn fuhr der Brite sein schlechtestes Ergebnis bei einem Season Opener ein. Einer der Gründe: Die Strategie von Ferrari.
Während fast alle anderen Teams beim stärker werdenden Regen in die Box fuhren, um auf Regenreifen zu wechseln, blieben Charles Leclerc und Hamilton auf der Strecke. Ein Versuch, der am Ende nicht belohnt wurde. Nur kurze Zeit später revidierte Ferrari seine Entscheidung und holte Hamilton und Leclerc zum Reifenwechsel rein. Dadurch wurden die beiden Piloten jedoch so weit nach hinten gespült, dass letztendlich für Hamilton nur P10 und für Leclerc P8 in den Büchern stand.
"Man muss bei Ferrari durchgehen, 'wann haben wir welche Entscheidung getroffen.' Aber wenn man schon nicht weiß, was man tun soll, weil die Bedingungen so schwierig sind, dann kann man natürlich die Strategie bei seinen beiden Fahrern splitten, um wenigstens intern Risikomanagement zu betreiben und es aufzuteilen", sieht Sky Experte Ralf Schumacher im Podcast Backstage Boxengasse Verbesserungsbedarf bei den Roten.
Für Ferrari und besonders für Hamilton soll es am kommenden Wochenende in China auf dem Shanghai International Circuit (LIVE auf Sky Sport Formel 1) besser laufen. Doch dafür muss an einigen Stellschrauben gedreht werden.
Klarere Kommunikation via Funk
Die Kommunikation zwischen Hamilton und seinem neuen Renningenieur Riccardo Adami ist eine dieser Punkte, an denen unbedingt angesetzt werden muss.
Irgendwann erhob Hamilton seine Stimme. "Bitte!", rief der Rekordweltmeister energisch, "lass es gut sein", funkte er an seinen Renningenieur, "wiederhol' nicht alle Tipps, überlass' es mir." Wochen und Monate hatte die ganze Motorsportwelt auf dieses Debüt im Ferrari gewartet, jeden einzelnen Schritt beobachtet, wirklich alle schauten hin - und sahen beim Saisonstart in Australien dann einen völlig enttäuschten, genervten Hamilton.
Der Brite selbst sagte nach dem Rennen, das ihm seitens der Box "die Hinweise darauf fehlten, wie viel Regen noch kommen würde". Dennoch fand er lobende Worte für Adami: Der Ingenieur habe einen "wirklich guten Job" gemacht, und man werde "alle Kommentare durchgehen - Dinge, die ich gesagt habe und umgekehrt", um zu sehen, was verbessert werden könne. "Generell bin ich keiner, der viele Informationen während des Rennens mag, es sei denn, ich frage danach. Es gibt keine Probleme zwischen uns. Ich war sehr höflich", stellte Hamilton klar, "ich habe ihn nicht beschimpft, ich habe nicht geflucht. Ich habe in diesen Momenten einfach mit dem Auto gekämpft und brauchte die volle Konzentration."
Teamchef Fred Vasseur sieht in der Kommunikation noch Verbesserungspotenzial, wollte das Thema aber nicht zu hoch hängen: "Ich dachte, dass wir einen besseren Job machen und uns besser kennenlernen könnten. Sicherlich war es nicht ganz sauber, aber die Strategie war schwierig. Wir müssen einen besseren Weg finden, um zwischen dem Auto und der Boxenmauer zu kommunizieren, aber wir werden aus dem ersten Rennen lernen und das ist kein Problem."
Ralf Schumacher sieht diesbezüglich einen simplen Ansatz: "Nicht nur Hamilton, sondern auch Leclerc war relativ pampig am Funk. Wenn ich der Teamchef wäre, würde ich beide in mein Büro holen und beiden auf die Finger klopfen, weil das geht gar nicht. Es waren schwierige Bedingungen, aber es zeigt, wie sehr die beiden am Limit sind. Bei Hamilton zeigt es ein weiteres Mal, dass er wirklich kämpft. Dass er keine Kapazitäten hatte, mit seinem Ingenieur zu reden, ist nicht nur unhöflich, sondern auch kein gutes Zeichen. Ein siebenfacher Weltmeister sollte da mehr Potenzial haben."
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Hamilton-Anpassung braucht mehr Zeit
Die Anpassung von Hamilton an seinen neuen SF-25 wird noch weitere Zeit in Anspruch nehmen. Nach den Sessions am Freitag und Samstag war dem Briten klar, dass es noch "ein langer Weg" ist, bis er wirklich zufrieden mit seiner Leistung sein könne. Die Umstellung auf den Ferrari benötigt Zeit. Seine gesamte Karriere, zunächst bei McLaren als Mercedes-Kundenteam, dann beim Mercedes-Werksteam, bediente Hamilton miteinander verwandte Systeme. Sein SF-25 ist nun anders als alles, was er bislang gesteuert hat.
Hamilton und Ferrari lernen sich also im laufenden Betrieb weiter kennen, unpraktisch ist dabei das Format des Grand Prix in China. Es ist ein Sprint-Wochenende, damit fällt wertvolle Trainingszeit weg: Gleich nach der ersten freien Session am Freitag folgt das Qualifying (8:30 Uhr LIVE und EXKLUSIV auf Sky Sport Formel 1) für den Sprint.
Keine guten Vorzeichen für Hamilton, der sicherlich lieber noch eine oder zwei Trainingssessions mehr hätte, um sich weiter an das Auto zu gewöhnen.
Fehlt Ferrari die Geschwindigkeit?
Unabhängig von der Anpassung Hamiltons stellt sich nach dem Auftakt in Melbourne aber die Frage, ob Ferrari überhaupt die Pace hat, um ganz vorne mitzufahren. Vasseur erklärte, man habe in Australien "nicht das wahre Bild" von Ferrari zu sehen bekommen.
"Unsere Erwartung ist immer mit dem Auto, das wir haben, das Bestmögliche zu erreichen, und wir werden genau dieselbe Motivation beibehalten. Wir gehen nicht irgendwohin und sagen, dass das Ziel ist, P1, P3 oder P12 zu sein, das Ziel ist, das Beste zu geben, was wir können, und dieses Wochenende haben wir nicht das Beste gegeben, was wir können.
Und weiter: "Wir fangen in China bei Null an, aber wir müssen uns immer vor Augen halten, dass im Vorjahr bei den vergangenen Rennen McLaren, Red Bull, Mercedes und wir Siege einfahren konnten - immer mit großen Abständen. Das hat sich von Wochenende zu Wochenende geändert, denn am Ende des Tages ist der Kampf eng, und wenn man das Auto nicht an das Wochenende, an die Reifen, an die Streckentemperatur anpasst, dann ist man komplett aus dem Leistungsbereich raus, und ich denke, dieses Wochenende wird eine andere Geschichte sein."
Bleibt nur abzuwarten, ob es Ferrari und Hamilton in China schaffen, in diesen Leistungsbereich zu kommen, oder erneut wie zum Saisonauftakt im entscheidenden Moment rausfallen ...
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