Die Ignoranz der FIFA ist teilweise verstörend
21.11.2022 | 19:05 Uhr
Sky Experte Didi Hamann bewertet in seiner Kolumne die Entscheidung des DFB, die "One Love"-Binde bei der WM nicht zu tragen, kritisiert FIFA-Präsident Infantino und blickt auf das Spiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Japan.
Wenn die FIFA sagt, dass das Tragen der Binde mit einer Verwarnung bestraft wird, dann kannst du sie nicht tragen. Die Mannschaft ist bei der WM, um sportlichen Erfolg zu haben. Wenn Manuel Neuer für das Tragen der Binde Gelb bekommen hätte und später im Spiel für ein Foul oder etwas Anderes Gelb-Rot bekommen hätte, wäre er für das nächste Spiel gesperrt gewesen. Natürlich wollen alle ein Zeichen setzen und Denkanstöße geben. Aber die Spieler sind dort, um sportlichen Erfolg zu haben.
Die Ignoranz der FIFA ist allerdings teilweise verstörend. Wenn man die Pressekonferenz von Gianni Infantino vor dem WM-Start bewertet, dann fragt man sich, in welcher Blase diese Leute leben. Das ist vollkommen weltfremd.
Ich muss ehrlich sagen, dass ich mich auf die WM gefreut hatte. Aber Infantinos Rede hat alles wieder relativiert. Ich dachte noch vor ein paar Wochen, dass die Leute, wenn die WM mit dem ersten Spiel der deutschen Mannschaft gegen Japan richtig losgeht, sagen: Lass uns endlich über Fußball sprechen! Jetzt bin ich gespannt, wie die Leute die WM annehmen werden.
Wir müssen diese Weltmeisterschaft sportlich gut über die Bühne bringen, aber die Kernfrage, die wir uns stellen müssen, heißt: Quo vadis, Weltfußball? Wo wollen wir hin? Früher hat der Fußball hat die Welt immer vereint, aber das ist im Moment nicht der Fall.
Die Vorstellung des katarischen Teams im Eröffnungsspiel war sehr schlecht. Ich hatte sie letztes Jahr gegen Irland gesehen und glaube, dass sie besser spielen können. Aber gegen Ecuador waren sie zwei Klassen schlechter als der Gegner. Dass das Stadion zur Halbzeit halbleer war, ist etwas, das nicht passieren sollte. Das Eröffnungsspiel sollte man bis zum Ende zelebrieren, aber das ist nicht geschehen.
Das 1:0 der deutschen Mannschaft im Oman darf man nicht überbewerten. Für Niclas Füllkrug hat dieses Testspiel genau den Zweck erfüllt, den es erfüllen sollte. Akzeptanz und Selbstvertrauen holt man sich als Stürmer durch Tore. In der Startelf würde ich dennoch wieder mit Kai Havertz vorne beginnen.
Bei Thomas Müller gehe ich auch davon aus, dass er erst einmal auf der Bank sitzen wird. Sonst müsste man von Leroy Sane, Serge Gnabry oder Jamal Musiala einen draußen lassen, und das würde ich nicht machen.
Im defensiven Mittelfeld setze ich auf Joshua Kimmich und Leon Goretzka, in der Abwehr würde ich mit Niklas Süle auf der rechten Seite, Antonio Rüdiger und Nils Schlotterbeck innen und Christian Günter links beginnen.
Was die Japaner zu einem sehr gefährlichen Gegner macht, ist ihre Ballsicherheit, dazu sind sie sehr wendig. Während des Spiels am Mittwochnachmittag wird es sehr warm sein, da willst du ihnen nicht hinterherlaufen. Du musst also schauen, dass du ihnen nicht zu viel Ballbesitz gibst.
Das erste Gruppenspiel hat eine sehr große Bedeutung für den Verlauf des Turniers. Wir haben bei der WM 2002 zum Auftakt 8:0 gegen Saudi-Arabien gewonnen. Nach einem Sieg sind alle happy, der Zusammenhalt in der Mannschaft wird gestärkt. Wenn du nicht gewinnst, kann es Unzufriedenheit zur Folge haben. Einige fragen sich vielleicht, warum sie nicht gespielt haben.
Du musst das erste Spiel nicht gewinnen, um Weltmeister zu werden, aber du könntest im zweiten Spiel schon das Achtelfinale klarmachen und im dritten Spiel eventuell einige Spieler schonen.
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