Klubs der Frauen-Bundesliga gründen Ligaverband ohne DFB
Einen Tag nach dem umjubelten EM-Zuschlag herrscht Katerstimmung:
04.12.2025 | 18:36 Uhr
Der Plan für einen Ligaverband zwischen DFB und Klubs ist überraschend geplatzt.
Auf die große Party folgt der üble Kater: Den heftigen Knall sahen Bernd Neuendorf und seine Mitstreiter inmitten der EM-Euphorie wohl nicht kommen. Kaum hatte sich der DFB-Präsident mit dem Zuschlag für die Frauen-Endrunde 2029 im Gepäck zur Auslosung der Männer-WM nach Washington aufgemacht, platzte sein zweites Prestigeprojekt. Der lange geplante Ligaverband wird zwar weiterhin am Mittwoch gegründet - aber überraschend ohne den DFB. Die verärgerten Klubs haben den Verband kurzerhand "rausgeworfen".
Einstimmige Entscheidung
Die 14 Bundesligisten werfen dem Verband und damit indirekt auch dessen Boss vor, Absprachen vor der anvisierten Gründung in der kommenden Woche missachtet zu haben. Man sei "enttäuscht davon, dass sich bereits getroffene Verabredungen mit dem Deutschen Fußball-Bund aus unserer Sicht nicht in den Vertragsmaterialien wiederfinden", sagte Vorstandssprecher Axel Hellmann von Eintracht Frankfurt. Zeitgleich flatterten am Donnerstag die Stellungnahmen aller Klubs herein, der DFB wollte sich auf SID-Anfrage zunächst nicht dazu äußern.
Die Entscheidung, zunächst ohne den Deutschen Fußball-Bund (DFB) weiterzumachen, sei nun "einstimmig" getroffen worden, "um nicht weiter Zeit zu verlieren", ergänzte Bayern Münchens Vorstandschef Jan-Christian Dreesen. Keine 24 Stunden nach dem umjubelten und mit hohen Erwartungen behafteten EM-Zuschlag beherrschte der drohende Zoff zwischen dem DFB und den Ligavertretern jedoch die Schlagzeilen. Ein "bereits erzielter Konsens" sei "seitens des DFB zuletzt aufgekündigt" worden, schrieb Union Berlin in einer Stellungnahme.
Ursprünglich sah der Plan vor, dass der Ligaverband und der DFB jeweils 50 Prozent der Anteile an der "Frauen-Bundesliga Gesellschaft" halten sollten. Der DFB wollte 100 Millionen Euro in die angestrebte Professionalisierung investieren und das Geld schrittweise innerhalb von acht Jahren in die Liga pumpen. Das hatte Neuendorf vollmundig rund um seine Wiederwahl beim Bundestag erklärt - und nach der EM-Vergabe unterstrichen. All das, um die Liga auf das nächste Level zu heben.
Rückkehr an den Verhandlungstisch völlig offen
Noch mehr wäre auf die Klubs zugekommen: Mehrere Hundert Millionen Euro wollten die Vereine in das Personal und die Infrastruktur investieren. Der Gründungsakt erfolge nun jedoch "ohne Mitwirkung des DFB", betonte Hellmann, der eine Rückkehr an den Verhandlungstisch offen ließ: Wie es weitergehe und "ob es in diesem zu einem Joint Venture mit dem DFB kommen wird oder die Klubs einen eigenständigen Weg gehen werden, ist zum jetzigen Zeitpunkt völlig offen".
Laut Bild-Zeitung soll der DFB "nachträglich nicht akzeptable Forderungen" gestellt haben, nachdem die Verträge bereits final verhandelt gewesen seien. Diese betrafen demnach unter anderem die nötigen Mehrheiten für Beschlüsse. Die Gründung soll in der kommenden Woche in der Frankfurter Arena stattfinden.
Schub nach EM-Vergabe gedämpft
Die Schubkraft, die der Zuschlag für die Frauen-Endrunde 2029 entwickeln soll, ist jedenfalls vorerst gedämpft. Die Hoffnung auf positive Effekte durch die EM bleibt dennoch groß. "Ein EM-Turnier im eigenen Land kann unglaublich viel bewegen: mehr Sichtbarkeit, mehr Begeisterung, mehr Chancen für die nächste Generation", sagte Frauenchefin Viola Odebrecht von RB Leipzig.
DFB-Sportdirektorin Nia Künzer hatte sich am Mittwochabend noch euphorisch gezeigt. Das Turnier 2029 werde "uns auf allen Ebenen helfen, die Dinge nochmal mit mehr Wucht anzuschieben, die EURO werde "in vielen Bereichen zusätzlichen Schub geben". Kurz darauf folgte jedoch der Kater - und der DFB reagierte auch dementsprechend überrascht:
DFB reagiert verwundert
"Die Gründung des Ligaverbandes von den 14 Klubs ist eine Voraussetzung für das geplante Joint Venture. Eine Beteiligung des DFB am Ligaverband war nie geplant", hieß es in einer Stellungnahme des Verbandes. Der DFB sei "unverändert bestrebt, zusammen mit den Klubs die Professionalisierung des Frauenfußballs in Deutschland voranzutreiben", teilte der Verband weiter mit.
DFB-Generalsekretär Holger Blask sagte: "Der DFB steht unverändert zu den getroffenen Zusagen und Investitionen im Zuge des geplanten Joint Ventures. Wir sind überzeugt, dass die gemeinsame Gründung einer FBL GmbH für alle Beteiligten der richtige Weg ist." Unterschriftsreife Verträge hätten laut Blask bislang nicht vorgelegen.
"Die Verhandlungsführer der Klubs hatten dem DFB weitreichende Ergänzungen und Änderungswünsche übermittelt, auf die der DFB verhandlungsüblich reagiert hat. Wir werden in den kommenden Wochen die Gespräche mit den Vereinen fortführen - konstruktiv und sachlich", sagte Blask.
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