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Borussia Dortmund: Emre Can als X-Faktor gegen den FC Bayern

Sonderlob: Cans Qualitäten sind wieder gefragt - auch im Gipfel

Emre Can (r.) grätscht Belgiens Timothy Castagne den Ball vom Fuß.
Image: Emre Can (r.) grätscht Belgiens Timothy Castagne den Ball vom Fuß.  © DPA pa

Emre Can hat mit zwei starken Leistungen im DFB-Trikot gegen Peru und Belgien seine Topform unterstrichen. Der Aggressiv-Leader könnte in der Bundesliga für Borussia Dortmund im Topspiel beim FC Bayern (ab 17:30 Uhr LIVE & EXKLUSIV auf Sky) und im Titelrennen der X-Faktor werden.

Als Belgiens Timothy Castagne in der Nachspielzeit der ersten Hälfte auf das DFB-Tor stürmte, flog plötzlich Emre Can von der Seite an und eroberte mit einer perfekt getimten Grätsche im eigenen Sechzehner den Ball. Diese Szene war ein Sinnbild für den Einsatz und die Qualitäten des gebürtigen Frankfurters, der sich aktuell in absoluter Topform befindet.

Mit Can, der nach 32 Minuten von Bundestrainer Hansi Flick für Florian Wirtz eingewechselt wurde, änderte sich das gesamte Spiel. Denn vor der Can-Einwechslung drückte Belgien gegen eine völlig überfordert wirkende deutsche Mannschaft bereits auf das 3:0 - mit Can übernahm das DFB-Team auf Anhieb die Spielkontrolle. Der 29-Jährige strahlte große Präsenz aus und ging kompromisslos in die Zweikämpfe.

ZUM DURCHKLICKEN: Die DFB-Noten gegen Belgien

  1. MARC-ANDRE TER STEGEN:
    Image: MARC-ANDRE TER STEGEN: Chancenlos bei den Gegentoren. Dass Dodi Lukebakio frei vor ihm daneben schoss, war nicht sein Verdienst. - Note: 4  © Imago
  2. DAVID RAUM:
    Image: DAVID RAUM: Der Leipziger hob auf der linken Abwehrseite vor dem 0:2 das Abseits auf. Hinten gegen Lukebakio nahe an der Überforderung, keine Offensivakzente. Flanken waren schwach. Wich dann Christian Günter. - Note: 5  © Imago
  3. MATTHIAS GINTER:
    Image: MATTHIAS GINTER: Spielte in einer Innenverteidigung, die es so womöglich nicht wieder geben wird. Hatte dort erhebliche Probleme mit Romelu Lukaku (siehe auch: Kehrer). - Note: 5 © Imago
  4. THILO KEHRER:
    Image: THILO KEHRER: Rückte für Nico Schlotterbeck in eine Innenverteidigung, die es so womöglich nicht wieder geben wird. Hatte dort erhebliche Probleme mit Romelu Lukaku. Prallte an dem bulligen Stürmer einmal ab und fiel einfach um. - Note: 5 © Imago
  5. JOSHUA KIMMICH:
    Image: JOSHUA KIMMICH: Spiel und Gegner liefen lange am Kapitän vorbei. Verlor wichtige Zweikämpfe. Nicht der Mittelfeldchef, der er gerne sein würde. Aber vielleicht dennoch Spielführer auf Dauer. - Note: 4 © Imago
  6. LEON GORETZKA:
    Image: LEON GORETZKA: Zunächst nicht fähig, an Kimmichs Seite Ordnung in das deutsche Spiel zu bringen. Dann angeschlagen nach 30 Minuten ausgewechselt - wohl eine Vorsichtsmaßnahme für das Topspiel mit dem FCB gegen den BVB am Samstag. - Note 5 © DPA pa
  7. NICLAS FÜLLKRUG:
    Image: NICLAS FÜLLKRUG: Zunächst ein sehr undankbarer Abend. Besorgte sich seine Chance dann eben selbst, indem er Lukaku im Strafraum gegen den Arm köpfte. Verwandelte den Elfmeter zu seinem sechsten Tor im sechsten Länderspiel. - Note: 3  © Imago
  8. SERGE GNABRY:
    Image: SERGE GNABRY: Für Kai Havertz in der Startelf. Sein Highlight in der ersten Halbzeit war ein Dribbling vor dem eigenen Strafraum. Starkes Solo mit Pfostenschuss (84.) und später Torschütze. - Note: 3  © Imago
  9. TIMO WERNER:
    Image: TIMO WERNER: Trotz schwacher Leistung gegen Peru wieder Teil der Doppelspitze. Als Flick diese auflöste, gab Werner den Linksaußen. Sein vermeintliches 2:2 fiel aus Abseitsposition und wurde nicht anerkannt. - Note: 3 © DPA pa
  10. MARIUS WOLF:
    Image: MARIUS WOLF: Vor dem 0:1 von Yannick Carrasco ausgewackelt. Auch sonst war seine Seite offen. Wolf spielt, weil es derzeit beim DFB keine besseren gibt. Aber das ist wohl auch alles. Nach der Pause legte er gut für Gnabry auf. - Note 5 © Imago
  11. FLORIAN WIRTZ:
    Image: FLORIAN WIRTZ: Von den Kölner Fans als Leverkusener vor dem Spiel ausgepfiffen. Als Riesentalent und Mann der Zukunft dann extrem unauffällig - und nach 31 Minuten raus. Ein Abend zum Nachdenken. - Note: 5 © Imago
  12. FELIX NMECHA:
    Image: FELIX NMECHA: Der Wolfsburger bekam sein unerwartet frühes Länderspieldebüt, weil Wirtz den Platz verließ. Ordnete sich positionsgetreu und unauffällig im offensiven Mittelfeld ein. - Note: 3 © DPA pa
  13. EMRE CAN:
    Image: EMRE CAN: Nach einer halben Stunde für Goretzka eingewechselt. Allein seine erste Grätsche war besser als vieles, was seine Kollegen bis dahin geboten hatten. Brachte neue Stabilität in ein wackliges Team. - Note: 2 © DPA pa
  14. HANSI FLICK:
    Image: HANSI FLICK wechselte in der 68. Minute CHRISTIAN GÜNTER ein. Zudem kamen in der 80. Minute KEVIN SCHADE, MERGIM BERISHA und JOSHA VAGNOMAN. Sie erhalten daher KEINE BEWERTUNG. © Imago

"Can war der aggressive Leader, den wir gebraucht haben. Er hat viele Zweikämpfe gewonnen und die Mannschaft wachgerüttelt. Die Verantwortung für die Defensive war da", lobte Flick seinen Sechser auf der Pressekonferenz. Auch Rekordnationalspieler Lothar Matthäus hatte Can mit seinem Auftritt "überzeugt", er habe anders als seine Teamkollegen in der ersten halben Stunde "keine Angst gezeigt". Am Ende unterlag Deutschland dennoch mit 2:3.

In seinen 60 Minuten auf dem Rasen hatte der 1,86-Meter große Mittelfeldspieler die drittmeisten Ballaktionen (70) aller DFB-Spieler. Cans Passquote lag bei starken 91,2 Prozent, die Passquote im Angriffsdrittel sogar bei 93,3. Insgesamt betritt der Dortmunder elf Zweikämpfe, sieben davon gewann er. Insgesamt eroberte er zudem siebenmal den Ball zurück. "Ich habe versucht, das zu tun, was ich am besten kann, in Zweikämpfen aktiv zu sein und präsent zu sein und der Mannschaft helfen", meinte Can selbst.

Can mit schwieriger Hinrunde beim BVB

Mit diesen Grundtugenden belebt der 38-malige Nationalspieler auch das Spiel von Borussia Dortmund. Dabei verlief die erste Hälfte der Saison für Can noch enttäuschend. Nur ein Spiel absolvierte der Sohn türkischer Eltern in der Hinrunde in der Liga über 90 Minuten. BVB-Coach Edin Terzic setzte im zentralen Mittelfeld auf Jude Bellingham und Salih Özcan, Can pendelte zwischen Joker-Einsätzen und Zuschauerrolle.

"Ich habe im letzten Jahr - auf gut Deutsch gesagt - nur auf die Fresse bekommen. Größtenteils war es berechtigt, aber eben nicht immer. Ich weiß auch, dass die Hinrunde nicht gut war", erklärte Can zu Rückrundenbeginn im exklusiven Sky Interview. Der 29-Jährige hat sich extrem viel vorgenommen für das Jahr 2023 - und der Mittelfeld-Leader liefert.

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"Ich habe mir meine Gedanken gemacht in der Winterpause. Vor allem in der Hinrunde war ich von mir enttäuscht, ich habe mich runterziehen lassen. Ich habe über Dinge gemeckert, die ich nicht ändern kann. Ich habe auf andere gezeigt, gesagt, ich bin nicht schuld", so Can, der durch viele Gespräche mit Familie und Freunde wieder auf den richtigen Weg gekommen ist.

"Emre hatte keine einfache Zeit in der Hinrunde, war immer wieder raus mit kleineren Verletzungen. Er sich richtig gut durch die Vorbereitung gearbeitet. Er ist das perfekte Beispiel, dass man sich alles verdienen kann durch gute Leistungen im Training und in den Spielen. Emre hat die absolute Qualität, unsere Defensive zu stabilisieren", schwärmte auch Terzic nach dem Sieg gegen RB Leipzig (2:1) von seinem Spieler.

Can hat sich einen Stammplatz erkämpft

"Diese Leistungsexplosion war so nicht absehbar. Terzic hat es geschafft, dass Can seine Qualitäten wieder auf den Platz bringt, dass er sich zuerst wieder auf das Sportliche konzentriert und seine Emotionen besser kanalisiert und positiv einbringt", erklärte Sky Reporter Sven Westerschulze. Die Emotionen kamen bei Can dann im Revierderby beim FC Schalke (2:2) in der Nachspielzeit wieder hoch.

Denn dort holte er sich mit einer unnötigen Grätsche gegen Kenan Karaman die fünfte Gelbe Karte ab. Dadurch fehlte er zwar im Heimspiel gegen den 1. FC Köln (6:1) gelb-gesperrt, allerdings war somit gewährleistet, dass Can für den Liga-Gipfel beim FC Bayern einsatzbereit sein wird.

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Vor dem Köln-Spiel lief Can in allen sieben Rückrundenpartien über die vollen 90 Minuten auf. Der BVB holte dabei 19 Punkte und knabberte peu a peu den Rückstand gegenüber den Münchnern ab - und geht nun als Spitzenreiter in den Klassiker.

Beim FC Bayern hatte Can von 2009 bis 2013 selbst gespielt. Damals kam er als Jugendlicher von Eintracht Frankfurt in die FCB-Jugend, in der Triple-Saison debütiert er dann in der ersten Mannschaft unter Trainer Jupp Heynckes und kam insgesamt auf sieben Pflichtspieleinsätze. Über Stationen bei Bayer 04 Leverkusen, FC Liverpool und Juventus landete er schließlich 2020 in Dortmund.

Cans Chance auf den ganz großen Wurf

Mit dem BVB gewann Can vor zwei Jahren den DFB-Pokal - sein erster großer Titel auf Vereinsebene, bei dem er selbst einen großen Anteil am Triumph hatte. Schließlich war Can beim FC Bayern noch Nachwuchsspieler, verließ den FC Liverpool 2018 nach vier Jahren ohne einen einzigen Titel und hatte bei den zwei Scudetto-Erfolgen nur eine kleine Rolle inne. Jetzt hat der Confed-Cup-Sieger von 2017 die große Chance auf den ganz großen Wurf mit dem BVB.

"Can ist in absolut bestechender Form. Er sorgt für Balance und defensive Stabilität beim BVB, ist ein absoluter Schlüsselspieler auf dem Platz. Can ist der Taktgeber und reißt die Mannschaft mit", so Westerschulze. Mit einem Sieg beim FC Bayern würde der BVB nach 26 Spieltagen auf vier Punkte davonziehen.

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Nach 25 Spieltagen geht Borussia Dortmund als Tabellenführer in die Länderspielpause und danach ins Spitzenspiel gegen Bayern München. Trotzdem sieht Trainer Edin Terzic den BVB noch als Jäger.

"Es wird extrem schwer in München in der Allianz Arena. Trotzdem: Wir haben auch Qualitäten. Wir glauben an uns. Wir fahren dahin, um zu gewinnen. Es wird schwierig, aber versuchen werden wir es auf jeden Fall", schickte Can in der ARD eine kleine Kampfansage nach München.

Übrigens: Das einzige Spiel in der Hinrunde, dass Can über 90 Minuten betritt, war beim 2:2 gegen den FC Bayern. BVB-Trainer Terzic wird auch im Rückspiel in der Mittelfeldzentrale auf seinen Aggressiv-Leader, der sich immer wieder zwischen die beiden Innenverteidiger fallen lässt und so die Defensive noch kompakter macht, bauen.

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