Schelte für Tuchel: "Kann diese Jammerei nicht mehr hören"
23.10.2023 | 11:45 Uhr
Auch Ende Oktober ist die fehlende Kaderbreite das bestimmende Thema beim FC Bayern, das durch den jüngsten Ausfall von Leon Goretzka neue Brisanz erhalten hat. Didi Hamann und Thomas Strunz kritisieren bei Sky90 in dem Zusammenhang das Verhalten von Thomas Tuchel.
Thomas Tuchel hatte am Samstagabend bei Leon Goretzka bereits eine böse Vorahnung. "Wir haben ein bisschen Sorge mit Leon wie bei Serge mit der Hand", sagte der Bayern-Trainer am Sky Mikro. Am Sonntag folgte die bittere Gewissheit: Der Nationalspieler fällt mit einer Mittelhandfraktur vorerst aus, eine genaue Ausfallzeit nannte der Klub nicht.
Tuchel muss damit einen weiteren personellen Rückschlag verkraften. Er hatte für das Champions-League-Spiel am Dienstag bei Galatasaray bereits Einsätze von Dayot Upamecano (Muskelverletzung im Oberschenkel) und Gnabry (Unterarmbruch) ausgeschlossen, obwohl beide seit Kurzem wieder im Training sind. Für einen Einsatz in der Türkei von Raphael Guerreiro und Noussair Mazraoui werde es zudem "ganz eng".
Der Bayern-Coach dürfte für die kommenden englischen Wochen froh über jeden Rückkehrer sein und sich in seiner Meinung bestätigt fühlen, dass der aktuelle Kader für Eventualitäten wie Verletzungen zu dünn aufgestellt ist. Dies wurde insbesondere beim Pokalspiel in Münster sichtbar, als Goretzka und Noussair Mazraoui die Innenverteidigung bilden mussten, aber auch am Samstag beim 3:1-Erfolg in Mainz gab es dafür Indizien.
Auf der Ersatzbank blieben zwei Plätze frei und aufgrund der Personalnot kam sogar Edelreservist Bouna Sarr erstmals seit Mai wieder in der Bundesliga zum Einsatz. Tuchel hat sich nicht davor gescheut, die brisante Thematik regelmäßig in der Öffentlichkeit anzusprechen und wurde dafür auch von Uli Hoeneß gemaßregelt. Bayerns Ehrenpräsident sprach von "unklugen Äußerungen", weil "ich nicht mein eigenes Team schlecht aussehen lasse, indem ich sage, wir sind zu dünn besetzt".
Thomas Strunz ist der gleichen Ansicht: "Es ist ein Thema, das intern zu besprechen ist und nicht nach jedem Spiel vor Fernsehkameras. Das führt dazu, dass du dich als Spieler mit Dingen beschäftigst, die einfach unnötig sind", sagte er bei Sky90. Tuchel habe "nichts anderes gesagt, als dass alle anderen im Verein, die für Transfers zuständig sind, ihren Job nicht gemacht hätten", so der 55-Jährige: "Das ist Kritik an der Führung, an Kaderplanung, Umsetzung und wer alles dafür verantwortlich ist."
Der Ex-Bayern-Spieler sieht Tuchels Job in erster Linie darin, dafür zu sorgen, dass die Mannschaft funktioniert. "Bei allen Problemen, die immer da sind, ist die Aufgabe von Thomas Tuchel, für eine gute Stimmung in der Kabine zu sorgen, weil alle drei Tage Top-Leistungen abgerufen werden müssen", macht Strunz klar und weiter: "Wenn ich aber das Thema immer wieder bespiele, dann habe ich als Spieler vielleicht nur noch 95 Prozent Vertrauen in das, was der Trainer sagt."
Für Unverständnis sorgt das Verhalten von Tuchel auch bei Didi Hamann. Das überschwängliche Lob des Bayern-Trainers nach dem Sieg gegen Mainz ("De Ligt spielt aus einer Verletzung, Joshua kommt aus einer Grippe, Leon spielt mit einem geschwollenen Knöchel und die anderen kommen von einem Jetlag. Geile Leistung.") kann er nicht nachvollziehen.
"Wenn Spieler erkältet oder verletzt sind, soll er sie nicht spielen lassen. Entweder können sie spielen oder nicht. Sie haben ja gespielt, dann kann es ihnen nicht so schlecht gehen", sagte der Sky Experte. Die Debatte um die Kaderbreite beim deutschen Rekordmeister ist für den Champions-League-Sieger von 2005 mittlerweile ein leidiges Thema.
Ein Aspekt, der Hamann besonders missfällt, ist Tuchels Rolle im abgelaufenen Transfer-Sommer. "Er kann sich nicht einfach aus der Verantwortung stehlen, denn er war Teil des Transfer-Gremiums. Und er hat sich nicht entscheiden können, wen er wollte."
Natürlich könne der FC Bayern ein oder zwei Spieler mehr haben, "aber die Spiele bis zur Winterpause werden sie jetzt noch durchbekommen. Diese ewige Jammerei, ich kann das wirklich nicht mehr hören", wird Hamann in Richtung Tuchel deutlich.
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