"Große Bedenken": Hamann fordert erneut Trennung von Flick
29.03.2023 | 15:26 Uhr
Nach dem 2:3 gegen Belgien kritisiert Sky Experte Didi Hamann die Leistung der Nationalmannschaft. Er hat große Sorge, dass es in den nächsten Monaten oder im nächsten Jahr bei der EM unter Hansi Flick besser wird. Er findet, die Diskussion über den Trainer kommt zu spät.
"Das war unterirdisch, was Deutschland gezeigt hat. Es stand 0:2, dann Kopfball an die Latte, Riesenchance für Lukebakio, etc.. Das heißt, es hätte ja gut 0:3, 0:4 oder 1:5 stehen können in der ersten Hälfte. Und das ist natürlich für eine Nationalmannschaft nicht gut genug. Und wenn nachher höre, dass man versucht, das schön zu reden mit der zweiten Halbzeit oder den letzten 50 Minuten des Spiels, wenn wir uns also eine 2:3-Niederlage zu Hause gegen Belgien, das bei der Weltmeisterschaft auch mehr oder weniger sang und klanglos ausgeschieden ist, schön zu reden, dann weiß man, wie groß und wie hoch die Ansprüche bei der Nationalmannschaft sind.''
"Das war der einzige Pluspunkt. Und ich muss sagen, Emre Can hat sich in den letzten Wochen und Monaten ehrlich gemacht. Wenn er einfach und klar spielt, dann ist er ein sehr guter Spieler. Und hoffentlich kann er jetzt diese hohen Erwartungen, die immer wieder in ihn gesteckt wurden, die er aber selten zeigen konnte, erfüllen. Aber abgesehen von ihm wüsste ich nicht, wo man da irgendwo positive Seiten sehen kann oder herausziehen kann oder Aspekte sehen kann."
"Ja, Typen braucht man in jeder Mannschaft. Du musst ja schauen, dass wir eine neue Mannschaft bilden und es muss sich eine neue Hierarchie bilden. Wir hatten einen Innenverteidiger in den letzten drei, vier, fünf Jahren, der konstant gut gespielt, der Titel gewonnen hat: das ist Antonio Rüdiger. Um den musst du eine Abwehr bauen.
Und ich verstehe, dass man andere nicht dabei hat, denn die Zeit macht vor niemanden halt. Diese Spieler sollte man jetzt auch nicht mehr einladen. Aber wenn du dann die Jungen holst, dann brauchst du einen, an dem sie sich orientieren können. Und da ist Rüdiger, der Spieler, um den man eine Abwehr bauen muss. Dass er in den beiden Länderspielen nicht dabei war, konnte ich nicht verstehen. Und ich glaube, er muss dringend wieder zurück.''
"Es hat sich gar nichts geändert. In der Mannschaft, die gestern angefangen hat, standen acht WM-Fahrer. Dazu waren Wirtz und Werner in der Startaufstellung, die in Katar aus Verletzungsgründen nicht dabei waren. Marius Wolf war der Einzige, der gegen Belgien gespielt hat, der bei der WM nicht dabei war. Er hat es in den letzten Wochen und Monaten in Dortmund hervorragend gemacht hat. Es waren also gefühlt zehn WM-Fahrer in der Aufstellung, und da dann kann ich auch nicht von Umbruch sprechen.
Wenn er Junge hätte spielen lassen und die wären in der ersten Halbzeit unter die Räder gekommen, dann hätte ich dafür Verständnis gehabt, weil die etwas daraus gelernt hätten. Aber so, wie es gestern war, dass sie mit denselben Spielern spielen und wir denselben Mist serviert bekommen wie bei der Weltmeisterschaft, da werden sich die Leute früher oder später von der Nationalmannschaft abwenden.''
"Für mich kommt sie zu spät. Ich habe mich geäußert nach der Weltmeisterschaft, wo für mich klar war, dass es mit dem Trainer schwer ein Weiterarbeiten gibt, wenn du so ausscheidest in der Gruppe, in der Art und Weise, wie sie sich verkauft haben, das zweite Mal hintereinander, nach der Weltmeisterschaft in Russland. Ich konnte mir das nicht vorstellen, denn du brauchst einen neuen Impuls.
Man hat sich in Katar mit der Binden-Thematik versteckt, man hat die Mannschaft im Stich gelassen, hat Verantwortung nicht übernommen. Und wenn der Trainer keine Verantwortung übernimmt, dann kann ich von den Spielern nicht erwarten, dass sie Verantwortung übernehmen. Deswegen kommt für mich die Diskussion nicht zu früh. Für mich kommt sie zu spät und man hat sich dazu entschlossen, mit ihm weiterzumachen. Aber ich habe große, große Bedenken, ob es in den nächsten Wochen, Monaten und dann bei der EM nächstes Jahr besser wird.''
"Er (Flick) ist jetzt, glaube ich, eineinhalb Jahre oder zweieinhalb Jahre in der Verantwortung. Man hat die ersten Spiele gewonnen gegen zweitklassige oder drittklassige Gegner, hat sich bei der Weltmeisterschaft schlecht verkauft.
Peru war kein Maßstab, am Dienstag haben wir gegen eine ordentliche Mannschaft eine Halbzeit lang unterirdisch gespielt. Was muss noch passieren? Leute beim DFB sagen mir, es wird sich nichts tun.
Der Trainer wird bleiben. Wenn er bleibt, dann muss man schauen, dass man sich irgendwie durchwurschtelt, aber von Aufbruchstimmung oder von Euphorie kann keine Rede sein.
Wir müssen schauen, dass wir die Leute wieder hinter uns bekommen. Deswegen ist Rudi Völler zum DFB gekommen, weil er eine Sympathie-Figur ist, wo die Leute sagen: 'Die unterstützen wir wieder.' Aber wenn das auf dem Platz so weitergeht, wie es gestern war, kannst du in Führungspositionen setzen, wenn du willst, dann werden die Leute nicht hinter der Nationalmannschaft stehen und das wird bei der Heim-EM nötig sein.
Wenn nicht das ganze Land hinter der Mannschaft steht und sagt 'Wir packen das', weil es andere Mannschaften gibt, die wahrscheinlich besser sind als wir, dann wird das nicht funktionieren. Und deswegen habe ich große Bedenken, wenn wir in der Konstellation weitermachen."