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Sky Kommentar zum Hamburger SV

Kommentar zum HSV: Dem Volkspark droht der nächste Wirbelsturm

Der Hamburger SV startet gegen Fortuna Düsseldorf in die Saison 2020/21.
Image: Sky Reporter Sven Töllner schätzt kurz vor dem Liga-Start die Lage beim Hamburger SV ein.  © Imago

Der Hamburger SV startet den dritten Anlauf, um in die Bundesliga zurückzukehren. Vor dem Auftakt gegen Fortuna Düsseldorf analysiert Sky Reporter Sven Töllner die sportliche Krise der Hanseaten - aber sieht auch einen Hoffnungsträger.

Ein Alleinstellungsmerkmal ist dem Ex-Erstliga-Dino geblieben. Sich derart verlässlich zum bundesweiten Gesprächsthema zu qualifizieren - das schafft nur der HSV. Auch in dieser Saison hat ein (!) Pflichtspielauftritt genügt, um den Verein in die negativen Schlagzeilen zu navigieren und bei vielen Fans schon vor dem Liga-Auftakt den emotionalen Stecker zu ziehen.

Skepsis? Der Begriff ist wohl zu schwach, um die Grundhaltung vieler Anhänger zu beschreiben. Vor der heutigen Partie gegen Absteiger Düsseldorf (ab 18 Uhr live auf Sky Bundesliga HD 2) halten nicht wenige HSV-Unterstützer den Weg nach oben für eine Utopie. Daniel Thioune und sein Team stehen heftig unter Druck. Ein guter Auftritt könnte die Wogen glätten. Ein Fehlstart würde hingegen einen weiteren atmosphärischen Wirbelsturm im Volkspark heraufbeschwören.

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Toni Leistner ist nach dem Pokal-Aus des Hamburger SV bei Drittligist Dynamo Dresden mit Fans des Drittligisten aneinander geraten (Videolänge: 1:22 Minuten).

Leistner-Eklat sorgt für weitere Unruhe

Natürlich hätten sie in Hamburg allesamt gern auf den Leistner-Eklat verzichtet - vor allem Leistner selbst. Und doch hat der Skandal in Dresden dafür gesorgt, dass der öffentliche Fokus weggerückt wurde von den sportlichen Problemen. Und die sind eklatant! Entwicklungsfähige Spieler um eine Achse stabiler Haudegen zu gruppieren - das ist der aktuelle Hamburger Weg, den die Verantwortlichen in erster Linie wegen der trüben wirtschaftlichen Verhältnisse eingeschlagen haben. Klingt vernünftig. War und ist zudem alternativlos.

Der Knackpunkt beim Kader-Konzept ist die Qualität der Bestandteile. Belastbare Belege dafür, dass sie das Niveau heben oder zumindest stabilisieren können, haben in Vorbereitung und Pokal weder die erfahrenen Toni Leistner oder Klaus Gjasula, noch die vermeintlichen Hoffnungsträger Jonas David oder Xavier Amaechi liefern können.

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Toni Leistner wird für fünf Pflichtspiele (drei sofort, zwei auf Bewährung) gesperrt. Sky Reporter Jurek Rohrberg schätzt die Strafe ein (Videolänge: 2:43 Min.).

Der altgediente Aaron Hunt zollt wie schon zum Ende der Vorsaison in zu vielen Zweikämpfen seinem Alter Tribut. Die Gegner attackieren den spielintelligenten Edeltechniker bewusst frühzeitig und aggressiv. Folgenschwere Ballverluste sind (zu) häufig die Folge. Möglich, dass Thioune bei Hunt eher früher als später zu einer Grundsatzentscheidung gezwungen sein wird. Eine Güterabwägung zwischen Wert und Risiko des 34-jährigen für die Statik des HSV-Konstrukts.

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In diesem Video geht es darum, dass sich Toni Leistner mit dem Dresden-Fan nach dem Eklat ausgesprochen hat. (Länge: 4:24 Minuten)

Offenes Rennen auf der Torwartposition

Natürlich könnte Jonas Boldt viele Fragezeichen im Kader in Versprechen verwandeln, wenn er Geld für Ablösesummen zur Verfügung hätte. Der Sportvorstand hat bis gestern ausschließlich Spieler ohne geltenden Vertrag und folglich ohne anfallende Aufwandsentschädigung verpflichtet. Der Erwerb von Moritz Heyer für etwa 500000 Euro aus Osnabrück ist angesichts der aktuellen Personallage im Abwehrzentrum eine dringend notwendige Ausnahme von der derzeitigen Hamburger Transfer-Regel.

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Aber auch ein Verrechnungsgeschäft mit Tücken. Die Heyer-Kohle wird frei wegen der Fire-Kohle, die Boldt aus Lyon erwartet. U21-Europameister Julian Pollersbeck will zu Olympique, weil Thioune ihn nicht mehr in seinem Kader haben wollte. Ein Bekenntnis zu Daniel Heuer Fernandes (verlor in der Endphase der Vorsaison seinen Platz an Pollersbeck) verweigert Thioune, dass man "Vertrauen rechtfertigen muss" betont er und ruft ein "offenes Rennen" um den Platz zwischen den Pfosten aus.

Bis ein neuer Torhüter verpflichtet wird (zwingend und dringend erforderlich), ist das ein Kampf zwischen Heuer Fernandes und Tom Mickel. Der 31-Jährige ist in kameradschaftlicher Hinsicht ein wichtiger Bestandteil des Kaders. 100 Prozent HSV-Identifikation, aber lediglich neun Zweit- und zwei Erstliga-Einsätze in zehn Profijahren. Thioune setzt für jedermann ersichtlich gezwungenermaßen auf den immer wieder unsicheren Heuer. Und manch einer fragt sich mittlerweile laut, wie aufrichtig das Vertrauen des Trainers ist, das der Deutsch-Portugiese rechtfertigen soll.

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Mutmacher ist Amadou Onana

Torwart verunsichert, Innenverteidigung gesprengt (Leistner darf nicht, van Drongelen kann nicht, Kinsombi soll nicht), Spielmacher entzaubert, Torjäger im Wundertüten-Format (Hinterseer trifft nicht, Terrodde noch ohne 90-Minuten-Power) - der HSV ist vor Zweitligajahr Nummer drei eine wandelnde Sorgenfalte. Den jungen Mutmacher Amadou Onana wird Thioune gegen Düsseldorf mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht (wie in Dresden) noch einmal auf der Ersatzbank verstecken. Der 19-jährige Belgier hat deutlich erkennbar das Zeug zum Hoffnungsträger - aber natürlich noch nicht das Format, hauptverantwortlich die fußballerische und charakterliche Leitlinie der Mannschaft zu definieren.

Hohn - Spott - Verzweiflung... HSV. Die permanenten Begleiter der letzten Jahre haben sich in dieser Saison überaus frühzeitig aus der Deckung gewagt. Die hohen Erwartungen, die Liga-Konkurrenten wie Dieter Hecking oder Felix Magath in den Volkspark hineinzusingen versuchen, sind möglicherweise den Begleitumständen und Ansprüchen während der eigenen Hamburger Vergangenheit geschuldet.

Noch ein bisschen wahrscheinlicher ist, dass es sich bei derartigen Einlassungen um strategische Manöver handelt. Derzeit spricht jedenfalls nicht viel dafür, dass der HSV die Substanz hat, um ernsthaft um die Aufstiegsplätze mitspielen zu können. Die Hoffnung der vielen Unverwüstlichen unter den Anhängern ist, dass dem Thioune-Team gegen Düsseldorf eine Trotzreaktion gelingt, es in einen Lauf hineingleitet und ohne Favoriten-Bürde wieder mal für eine Überraschung sorgt - nur sollte es im Unterschied zu den Vorjahren diesmal möglich eine positive sein.

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