Newcastle United schreibt große Schlagzeilen. Mit der Übernahme eines vom saudischen Staatsfonds Public Investment Fund angeführten Konsortiums will der Verein zu den Topklubs aufschließen. Die Lücke nach oben ist allerdings gewaltig, denn aktuell sieht es düster aus.
Bei rund 350 Millionen Euro lag der Kaufpreis für Newcastle United. Der Aufschrei ist in der gesamten Fußballwelt entsprechend groß. "Da passieren immer wieder Dinge im Fußball, die jegliches Maß überschritten haben. Wenn Leute damit ein Problem haben, dann kann ich mich zu diesen Leuten zählen", reagierte Freiburgs Trainer Christian Streich entsetzt.
Dass Menschen aus Saudi-Arabien an der Spitze des Vereins sind, einem Land, das immer wieder mit Verstößen gegen Menschenrechtsverletzungen auffällt, stört nicht nur Streich. Den Fans der Magpies ist dies allerdings völlig egal. Sie feiern die Übernahme durch die Investmentgruppe, denn sie haben nun vor allem eins: Hoffnung auf sportlich bessere Zeiten.
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Newcastle sportlich enttäuschend
Vom Kampf um Trophäen sind die Nordostengländer allerdings noch weit entfernt. In den vergangenen Jahren schrieb der Traditionsverein sportlich durchgehend keine positiven Schlagzeilen.
Die erfolgreichen Zeiten in den 1990er- und Anfang der 2000er-Jahre sind vorbei. Damals verzauberte der in Newcastle geborene Alan Shearer eine ganze Stadt mit seinen Toren. Zuvor trugen unter anderem auch die Superstars Kevin Keegan und Paul Gascoigne das schwarz-weiße Trikot.
Doch die Zeiten rund um den St. James Park haben sich geändert. Spätestens seit der Klub-Übernahme von Milliardär Mike Ashley im Jahr 2007 ging es rapide bergab. 2009 folgte der erstmalige Abstieg in die zweitklassige Championship, 2017 ging es erneut runter. Newcastle schaffte zwar jeweils den sofortigen Wiederaufstieg, doch sportlich herrscht Tristesse.
Trainer Bruce in der Kritik
In den vergangenen Jahren kam der viermalige englische Meister auf den Plätzen zehn, 13, 13 und zwölf ins Ziel. Aktuell sind die Magpies nach sieben Ligaspielen noch sieglos. Lediglich drei Punkte und Rang 19 stehen zu Buche. Dabei hatte Newcastle unter anderem mit Aston Villa, Southampton, Leeds, Watford und Wolverhampton nicht gerade das schwerste Auftaktprogramm. Im Carabao Cup schied der Klub in Runde zwei gegen den FC Burnley aus.
Im Mittelpunkt der Kritik steht Trainer Steve Bruce, der seit 2019 das Sagen an der Seitenlinie hat. In bislang 96 Ligaspielen weist der 60-Jährige nur einen Punkteschnitt von 1,17 aus. Das ist die schwächste Bilanz eines Trainers mit mindestens 50 Partien in der gesamten Vereinshistorie. In den britischen Medien wird seit Tagen von einer Bruce-Ablösung spekuliert. Große Namen kursieren durch die Presse. Unter anderem sollen Lucien Favre, Antonio Conte, Steven Gerrard sowie Frank Lampard auf der Liste in Newcastle stehen.
"Ich möchte weitermachen, aber ich muss realistisch sein. Ich bin nicht dumm und weiß, was mit neuen Eigentümern passieren könnte", sagte Bruce gegenüber Sky Sport UK. Problem: Dem Trainer, der am Sonntag gegen Tottenham Hotspur vor seinem 1.000 Spiel als Chefcoach steht, soll laut Vertrag eine Entschädigungszahlung in Höhe von knapp zehn Millionen Euro bei Vertragsauflösung zustehen.
Umbruch im Kader steht bevor
Auf dem Spielfeld sah es allerdings zuletzt so aus, als ob die United-Spieler gegen den Trainer spielen. Die Körpersprache stimmte nicht. "Wir sind uns alle einig, dass es derzeit ziemlich schlecht ist. Es gibt Leute, die im Verein arbeiten, die gegen Steve Bruce sind", meinte der ehemalige Premier-League-Star Chris Sutton gegenüber BT Sport. Laut dem Guardian soll Bruce daher trotz der Millionenabfindung nach dem Duell mit den Spurs entlassen werden.
Doch nicht nur auf der Trainerbank Bewegung reinkommen. Auch im Kader stehen große Veränderungen an. Leistungsträger im aktuellen Aufgebot sind unter anderem die ehemaligen Hoffenheimer Fabian Schär und Joelinton sowie der einstige Hannover-Flop Allan Saint-Maximin. Keine Spieler, die in Zukunft für die großen Titel sorgen sollen.
Mit einem Kaderwert von rund 272,4 Millionen Euro laut KPMG liegt Newcastle im Ranking der Premiere League nur auf Platz 15. "Wir befinden uns in der Abstiegszone und das ist ein Problem. Wir werden den gesamten Verein von oben bis unten durchleuchten", kündigte die britische Geschäftsfrau Amanda Staveley, die zukünftig im Vorstand sitzen soll, bereits an.
Gefahr des Abstiegs bedroht das Projekt
Der ehemalige englische Nationalspieler Rio Ferdinand spekulierte in seiner YouTube-Show Vibe with Five bereits über mögliche Neuzugänge beim sechsmaligen englischen Pokalsieger: "Ich würde versuchen, Spieler wie Raheem Sterling zu holen. Er spielt ja nicht regelmäßig. Auch nach Declan Rice und Jesse Lingard würde ich mich erkundigen."
Die Fans rund um den Fluss Tyne träumen natürlich schon von den ganz großen Namen. Jegliche Veränderung nach der enttäuschenden Ära um den ungeliebten Ex-Klubbesitzer Ashley weckt bei den treuen Anhängern der Magpies Hoffnungen. "Jaaaaaaaaa. Wir können es wagen, wieder positiv nach vorne zu schauen", schrieb Vereinslegende Shearer nach der saudischen Klub-Übernahme auf Twitter.
Bis der Großangriff auf die Spitze Europas in naher Zukunft gestartet wird, muss Newcastle allerdings erst einmal in der Gegenwart aufpassen, dass das Projekt nicht nach dem drohenden dritten Abstieg der Klubgeschichte in Liga zwei beginnt.