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Manchester United News: Das steckt hinter den Fan-Protesten

Feind im eigenen Klub: Die Ursachen der Fan-Proteste bei United

Einige Fans von Manchester United stürmten am Sonntag das Old Trafford. Das Spiel gegen Liverpool wurde abgesagt. Es ist die Eskalation eines Konflikts, der schon seit Jahren schwelt.

Am Sonntag spielten sich im Old Trafford zu Manchester außergewöhnliche Szenen ab. Es waren nicht die Spieler von United, die ihre Fans verzückten. Rund zweieinhalb Stunden vor Beginn der Partie gegen den FC Liverpool enterten circa 200 bis 300 Anhänger den Innenraum des altehrwürdigen Stadions und machten ihrem Unmut Luft.

Auf dem Rasen wurden Rauchtöpfe gezündet. Es flog sogar eine Leuchtrakete in Richtung Tribüne. Eine kleine Gruppe von Chaoten, die sich nicht benehmen kann? Mitnichten! Draußen protestierten bis zu 10.000 Menschen. Sie alle vereint der Kampf gegen die Klubbesitzer: die Glazer-Familie.

ZUM DURCHKLICKEN: DIE PROTESTE IN MANCHESTER

  1. Manchester United
    Image: Vor dem Spiel zwischen Manchester United und Liverpool kam es zu Ausschreitungen. © DPA pa
  2. Manchester United
    Image: United-Fans protestierten lautstark rund um das Old Trafford. © Imago
  3. Manchester United
    Image: Insgesamt waren es bis zu 10.000 Anhänger. © DPA pa
  4. Manchester United
    Image: Zahlreiche Bengalos wurden gezündet. © Imago
  5. Fans von Manchester United protestieren vor dem Duell mit dem FC Liverpool.
    Image: Die Proteste richten sich gegen die Besitzerfamilie. © DPA pa
  6. Manchester United
    Image: Klubchef Joel Glazer wird hart kritisiert. © Imago
  7. Manchester United
    Image: Die Fans von Manchester United wollen für Aufmerksamkeit sorgen. © DPA pa
  8. 02 May 2021 Old Trafford, Manchester - United fans protest about the owners of the club before the Premier League match between Manchester United and Liverpool..(Photo Anthony Devlin)
    Image: Die Anhänger wollen gehört werden. © DPA pa
  9. Manchester United
    Image: Ob Jung oder Alt. © DPA pa
  10. Manchester United
    Image: Großer Widerstand der Fans. © DPA pa
  11. Fans make their way past barriers outside the ground as they let off flares whilst protesting against the Glazer family, owners of Manchester United, before their Premier League match against Liverpool at Old Trafford, Manchester. Issue date: Sunday May 2, 2021. PA Photo. See PA story SOCCER Man Utd. Photo credit should read: Barrington Coombs/PA Wire.
    Image: 200 bis 300 von ihnen verschafften sich Zugang ins Stadioninnere.  © DPA pa
  12. 02 May 2021 Old Trafford, Manchester - United fans protest about the owners of the club before the Premier League match between Manchester United and Liverpool..(Photo Anthony Devlin)
    Image: Andere hinderten am Mannschaftshotel den Teambus an der Fahrt zum Stadion. © DPA pa
  13. Smoke flares are let off outside the stadium during a fan protest against the club owners outside of Old Trafford, Manchester. Issue date: Sunday May 2, 2021. PA Photo. See PA story SOCCER Man Utd. Photo credit should read: Barrington Coombs/PA Wire.
    Image: Die Fans sind gegen die ursprünglichen Super League-Pläne.  © DPA pa
  14. Manchester United
    Image: Die Polizei versucht für Ordnung zu Sorgen. © DPA pa
  15. Fans von Manchester United protestieren vor dem Duell mit dem FC Liverpool.
    Image: Die Lärmkulisse war immens. © DPA pa
  16. Fans von Manchester United protestieren vor dem Duell mit dem FC Liverpool.
    Image: Auch die 50 plus 1 Regel wird zum Thema. © Imago
  17. Manchester United
    Image: Eine große Schar versammelte sich am Old Trafford. © DPA pa

Die Beteiligung am umstrittenen Super-League-Projekt, über die Köpfe der Fans hinweg, war der Funken im Pulverfass. Der Konflikt zwischen United-Fans und den Eigentümern schwelt schon länger. Ein Rückblick.

Im Jahr 2005 übernahm Malcolm Glazer, ein US-amerikanischer Milliardär, Manchester United für 790 Millionen Pfund. Schon damals vermuteten viele Fans hinter der Übernahme reine Profitgier. "Glazer see you in hell", war auf einigen Plakaten von Fans zu lesen, die sich nach der Übernahme vor dem Old Trafford versammelten.

Bis zur Übernahme durch Glazer waren die Red Devils schuldenfrei. Aktuell drücken den Verein laut KPMG Verbindlichkeiten von 524,4 Milionen Euro. Nach Schätzungen soll die Glazer-Übernahme den Verein durch Zinsen und Dividenden mehr als eine Milliarde Pfund gekostet haben. United ist von einem der reichsten Vereine der Welt zu einem Sorgenfall geworden.

ZUM DURCHKLICKEN: Super League als "Klub der Super-Verschuldeten"

  1. FC Chelsea zieht sich aus der Super League zurück.
    Image: FC CHELSEA (+19,3 Millionen Euro - Stand: Juni 2020) © DPA pa
  2. Manchester City zieht sich aus der Super League zurück.
    Image: MANCHESTER CITY (-51,9 Millionen Euro - Stand: Juni 2020) © DPA pa
  3. Arsenal London zieht sich aus der Super League zurück.
    Image: ARSENAL LONDON (-76,8 Millionen Euro - Stand: Juni 2020) © DPA pa
  4. AC Mailand zieht sich aus der Super League zurück.
    Image: AC MAILAND (-103,9 Millionen Euro - Stand: Juni 2020) © Imago
  5. Atletico Madrid zieht sich aus der Super League zurück.
    Image: ATLETICO MADRID (-111,1 Millionen Euro - Stand: Juni 2020) © DPA pa
  6. Real Madrid hat sich noch nicht aus der Super League zurückgezogen.
    Image: REAL MADRID (-170 Millionen Euro - Stand: Juni 2020) © DPA pa
  7. FC Liverpool zieht sich aus der Super League zurück.
    Image: FC LIVERPOOL (-175 Millionen Euro - Stand: Juni 2019) © DPA pa
  8. FC Barcelona zieht sich noch nicht aus der Super League zurück.
    Image: FC BARCELONA (-317,6 Millionen Euro - Stand: Juni 2020) © DPA pa
  9. Inter Mailand zieht sich aus der Super League zurück.
    Image: INTER MAILAND (-322,7 Millionen Euro - Stand: Juni 2020) © DPA pa
  10. Juventus Turin hat sich zwar von der Super League zurückgezogen, ist aber weiterhin von der Idee überzeugt.
    Image: JUVENTUS TURIN (-390,0 Millionen Euro - Stand: Juni 2020) © Imago
  11. Machester United zieht sich aus der Super League zurück.
    Image: MANCHESTER UNITED (-524,4 Millionen Euro - Stand: Juni 2020) © DPA pa
  12. Tottenham Hotspur zieht sich aus der Super League zurück.
    Image: TOTTENHAM HOTSPUR (-685,5 Millionen Euro - Stand: Juni 2020) - Datenquelle: KPMG © DPA pa

Wie konnte es dazu kommen? Den Kauf hatte Glazer nicht aus eigener Tasche finanziert. Er hatte ein Darlehen dafür aufgenommen, welches er im Anschluss auf den Klub umschichtete. Somit musste United jedes Jahr viel Geld aufwenden, um Schulden zu tilgen.

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Das finanzielle Armageddon blieb jedoch aus. Glazer sollte mit seiner Annahme Recht behalten, dass United eine Cash Cow sei, die riesige Erlöse generieren kann. Möglich war dies durch eine Art Franchise-System. Maßgeblichen Anteil daran hatte Ed Woodward, der heutige stellvertretende Vorstandsvorsitzende, der sich zum Jahresende zurückziehen wird.

Vermarktung bis ins letzte Detail

Der Engländer schloss globale Kooperationen mit Reifenherstellern, Uhrenfabrikanten, Fluggesellschaften, ja, sogar einem Hersteller von Kartoffelchips, die die Marke United auch im letzten Winkel des Erdballs bekannt machten und viel Geld in die Kasse spülten.

In gewisser Hinsicht setzten die Engländer damit Maßstäbe, andere große internationale Top-Klubs nahmen dies als Vorbild und zogen nach.

Sportlicher Erfolg bei United bis zum Abtritt von Ferguson

Glazer zog sich nach zwei Schlaganfällen zurück und übergab den Großteil der Anteile an seine sechs Kinder. Was die United-Gemeinde in den ersten Jahren der Regentschaft durch die neuen Eigentümer zusammenhielt, war der sportliche Erfolg. Von 2006 bis 2013, dem Ende der Ära von Sir Alex Ferguson, waren die Red Devils nie schlechter als Platz zwei in der Premier League am Saisonende.

Zudem landete United 2008 mit dem Gewinn der Champions League nochmal den ganz großen Wurf. Ferguson selbst lobte die Glazers oft für ihre Vereinsführung. Schon damals äußerten viele Fans ihren Missmut gegen Fergusons Einstellung zu den Glazers. Mit seinem Abschied von der Trainerbank ging es dann aber bergab.

United kann nicht mehr Schritt halten

David Moyes und Louis van Gaal konnten nicht an die Erfolge anknüpfen. Der Kader von United wurde von vielen Fans als unzureichend erachtet, um mit den neureichen Rivalen wie Manchester City oder Chelsea Schritt zu halten.

Immer wieder gab es Initiativen, die sich gegen die Investoren-Familie richteten, wie beispielsweise die Anti-Glazer-Kampagne im Jahr 2010. Die Kritik an der Glazer-Führung ebbte nie komplett ab. Vor allem, als die sportlichen Erfolge immer rarer und immer mehr Geld verbrannt wurde. Außerdem fehlen Investitionen in die Infrastruktur.

Stadion "verrostet und verrotet"

"Wenn man sich den Klub jetzt anschaut, dieses Stadion. Ich weiß, es sieht hier großartig aus, aber wenn man hinter die Kulissen schaut, ist es verrostet und verrottet. Wenn man sich den Trainingsplatz anschaut, ist er wahrscheinlich nicht einmal unter den besten fünf in diesem Land", erklärt Sky UK Experte Gary Neville.

Für viele Fans sind die Pläne zur Beteiligung an der Super League der letzte Tropfen, der nun das Fass zum Überlaufen bringt. Ex-Profi und Sky UK Experte Micah Richards hält es mit den Anhängern. "Es gibt so viele Geschäftsbereiche, in denen es Geld zu verdienen gibt. Warum musst du einem Klub mit solch einer Geschichte das Leben und die Seele nehmen? Wenn du Geld verdienen willst, dann geh woanders hin. Ich verstehe, dass es ein Geschäft ist. Aber wenn du einen Verein wie Manchester United kaufst, müssen auch die Fans ein Mitspracherecht haben."

"Man kann niemanden dazu zwingen"

Das Ziel der Fans ist klar: Sie wollen einen Verkauf der Glazers erwirken. "Man kann niemanden dazu zwingen, einen Fußballverein zu verkaufen und die Glazer-Familie hat bereits früher bewiesen, dass sie stur und widerstandsfähig ist", meint Neville und schiebt eine Forderung nach. "Aber jetzt ist die Zeit gekommen und sie werden ein Vermögen aus dem Klub ziehen, wenn sie ihn zum Verkauf anbieten."

Das Spiel gegen Liverpool wurde abgesagt. Der Protestmarsch in Manchester dürfte vielleicht nicht der letzte gewesen sein, denn in den Augen vieler Fans sind die Oberen der englischen Top-Klubs mit der Super League zu weit gegangen.

Arsenal-Fans wehren sich gegen Eigentümer

Auch beim FC Arsenal haben sich die Fans gegen Klub-Eigentümer Stan Kroenke zusammengeschlossen. Im Gespräch ist eine Milliarden-Übernahme durch Spotify-Boss Daniel Ek.

Damit stellt sich einmal mehr die Frage: Wem gehört der Fußball? Solange es keine strukturellen Veränderungen bei vielen englischen Klubs gibt, muss man in Zukunft wohl öfter mit solchen Szenen wie am Sonntag im und um das Old Trafford rechnen. In Sachen United befürchtet Klub-Legende Roy Keane weitere Aktionen der Fans.

"Hoffentlich werden sich die United-Eigentümer sagen: 'Diese Fans meinen es todernst'. Es wird noch mehr kommen. Das ist nur der Anfang für die United-Fans, das garantiere ich euch", sagte der 49-Jährige bei Sky UK.

Fans mit klarer Forderung

Die Fanvereinigung Manchester United Supporters Trust geht mit ihrer Forderung nach den Protesten vom Sonntag noch weiter.

"Die Regierung muss jetzt handeln. Das bedeutet, es muss einen Prozess geben, der dazu führt, dass die Fans die Möglichkeit haben, Anteile an ihrem Klub zu kaufen. Und was noch wichtiger ist, dass kein einzelner Anteilseigner eine Mehrheitsbeteiligung an unseren Fußballvereinen hält, die es ihm erlaubt, diesen Besitz zu missbrauchen", heißt es in einem Statement.

Mehr zum Autor Thomas Goldmann

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