Die Fabelserie von 68 ungeschlagenen Liga-Matches ist gerissen. Nach 1370 Tagen verloren Jürgen Klopp und der FC Liverpool erstmals wieder ein Spiel an der Anfield Road. Doch bei den Reds liegt mehr im Argen, als Klopps Kabinenzoff mit Burnley-Coach Sean Dyche. Der Englische Meister verpasst den Anschluss an die Spitze, vor allem der Januar macht Klopp einen Strich durch die Rechnung.
"Es ist ein harter, harter Schlag ins Gesicht", sagte Jürgen Klopp nach der 0:1-Pleite gegen Kellerkind FC Burnley. "Wir haben ein Spiel verloren, das eigentlich unmöglich zu verlieren ist. Doch wir haben es getan", so Liverpools Trainer, der die Niederlage auf seine Kappe nahm: "Das ist meine Schuld, denn es ist mein Job, dafür zu sorgen, dass die Jungs das richtige Gefühl haben, das richtige Maß an Selbstvertrauen und die richtigen Entscheidungen treffen", kommentierte er selbstkritisch.
Zu allem Überfluss kam es noch mit Burnley-Coach Sean Dyche zum Zoff im Kabinengang. Nach dem Spiel war der Tunnel-Vorfall für beide Streithähne allerdings gegessen.
Der Januar - kein Freund von Klopp
Seit April 2017 waren die Reds eine Heimmacht. Damals hatte Crystal Palace die Festung Anfield das letzte Mal geknackt.
Dass die Super-Heimserie des Premier-League-Champions gerissen ist, kommt nicht von ungefähr. Denn seit Ende Dezember ist bei Liverpool der Wurm drin. Die Reds sind seit fünf Matches sieglos und erzielten viermal in Serie keinen Treffer. Die sonst so zuverlässige Sturm-Riege um Mo Salah & Co. verbuchte in den vergangenen fünf Spielen lediglich einen (!) Treffer. Zu wenig für den ambitionierten Meister.
Vor allem der Januar ist prädestiniert dafür, Klopp einen Stolperstein in den Weg zu legen. Ein Blick in die Statistik zeigt: Der Januar ist Klopps schlechtester Monat in seiner bisherigen Premier-League-Bilanz. Bereits sieben Pleiten kassierte Klopp im kalten Wintermonat. Zum Vergleich: Im Februar kassierten die Reds unter Klopp vier Niederlagen, in den anderen Monaten maximal drei. Mit nur 1,6 Toren pro Spiel ist der Januar auch der torarmste für Klopp, dagegen sind mit jeweils 2,5 Toren pro Spiel der August und Dezember die torreichsten Monate für Liverpool unter "The Normal One".
"Keine Raketenwissenschaft": Klopp geht auf Spurensuche
Der Durchhänger ist für den gebürtigen Stuttgarter "immer noch keine Raketen-Wissenschaft, aber es hat heute nicht funktioniert. Wieder nicht. Es ist nicht das erste Spiel, in dem es nicht klappt, sondern das zweite, dritte, vierte", betonte Klopp auf der anschließenden Pressekonferenz und geht auf Spurensuche: "Es geht nicht um unsere Spielweise, es geht um die entscheidenden Momente des Spiels. Wir müssen in diesen entscheidenden Momenten wieder besser werden, in denen müssen wir wieder wir selbst werden. Nicht in unserem Spielaufbau, da ist alles gut. Wie wir verschiedene Dinge angehen im letzten Drittel, im letzten Moment, da sind unsere Entscheidungen nicht die richtigen."
Liverpool im Formtief
Nach Ansicht von Sky UK Experte Jamie Carragher ist nicht nur die Entscheidungsfindung ein Problem. Die Reds sind im Formtief! "Ich kann mich nicht daran erinnern, in der so viele Spieler gleichzeitig außer Form waren", sagte die Liverpool-Legende.
Vor allem die Torflaute beim Super-Trio um Mo Salah, Roberto Firmino und Sadio Mane hält an. Gegen Burnley hatten die drei Stürmer nicht von Beginn an gespielt. Salah und Firmino kamen Mitte des zweiten Durchgangs von der Bank, konnten aber auch nichts mehr reißen. Gegen Manchester United (0:0), in Southampton (0:1) und in Newcastle (0:0) legte das Sturm-Trio zwar los, konnte aber seine Chancen nicht in Tore ummünzen.
Besonders pikant: Seit Thiagos Comeback Ende Dezember gegen Newcastle läuft es bei den Reds nicht mehr. Der ehemalige Bayern-Profi hatte aufgrund einer Knieverletzung zweieinhalb Monate pausieren müssen. Gegen Newcastle bekam der Mittelfeld-Regisseur ein paar Einsatzminuten, die vergangenen drei Spiele stand er in der Startformation.
Liverpool-Stars fehlt Selbstvertrauen
Doch nicht nur die Form - auch das Selbstvertrauen scheint den Liverpool-Stars zu fehlen. Das sieht auch Carragher so: "Sie scheinen einfach so schnell den Glauben und das Selbstvertrauen zu verlieren, dass sie tatsächlich ein Tor schießen können."
Klopps Rezept aus der Krise? Mit Selbstvertrauen die richtigen Entscheidungen und damit auch wieder das Tor treffen - und das möglichst zügig. Denn im Tableau haben Klopp & Co. den Anschluss an das Spitzen-Trio Manchester United (40 Punkte), Manchester City und Leicester City (beide 38 Punkte) verloren. Mit 34 Punkten ist Liverpool nur Vierter und der Rückstand auf Spitzenreiter United beträgt bereits sechs Zähler.
Carragher gibt Prognose ab
Vor allem jetzt stehen für Liverpool richtungsweisende Spiele an. Am Sonntag kommt es in der vierten Runde des FA Cups zum Showdown bei United, nächste Woche Donnerstag müssen Klopp & Co. bei Jose Mourinho und Tottenham Hotspur ran (ab 20:30 Uhr live und exklusiv auf Sky Sport 1). Die Spurs sitzen mit nur einem Zähler Rückstand (33 Punkte) den Reds im Nacken und könnten mit einem Sieg Liverpool einen weiteren Stich ins Herz setzen und auf den fünften Rang befördern.
"Wenn die nächsten Spiele nicht gut laufen, dann habe ich keinen Zweifel daran, dass sie Mitte oder Ende Februar aus dem Titelrennen raus sind", so Carraghers Prognose. "Wenn das passiert, dann wird Liverpool um sein Leben kämpfen, um in der nächsten Saison in der Champions League zu spielen."
Doch um die Trendwende einzuleiten, müssen Klopps Schützlinge zunächst ihr Selbstvertrauen zurückgewinnen, damit auch die richtigen Entscheidungen getroffen werden und das Tore schießen wieder gelingt.
*Datenquelle: OPTA