Die Landesverbände fordern die Amtsenthebung, doch Fritz Keller kämpft weiter: Trotz seines Nazi-Eklats will der umstrittene DFB-Präsident seinen Posten noch nicht räumen.
Die nächste Entschuldigung, eine beherzte Durchhalteparole - und von Rücktrittsgedanken noch immer keine Rede: Trotz seines Nazi-Eklats will sich der schwer angeschlagene DFB-Präsident Fritz Keller (noch) nicht zurückziehen und erst seine "Aufräummission" beim krisengeschüttelten Deutschen Fußball-Bund (DFB) zu Ende bringen. Doch der Gegenwind innerhalb des DFB wird immer stärker, die Regional- und Landesverbände forderten am Freitagabend nicht nur erneut Kellers Rücktritt, sondern auch ein Amtsenthebungsverfahren.
Verbände fordern Rücktritt
Auf einer außerordentlich einberufenen Sitzung wiederholten die Landesfürsten zunächst "eindringlich" ihre Aufforderung an Keller, "von seinem Amt zurückzutreten und damit weiteren Schaden vom DFB abzuwenden". Zudem solle das DFB-Präsidium eine Sitzung des Vorstands mit dem Tagesordnungspunkt "Enthebung von Fritz Keller (...) von seiner Tätigkeit als Präsident des Deutschen Fußball Bundes" einberufen.
Letztere Forderung wurde mit 31 Ja-Stimmen (3 Nein, 3 Enthaltungen) gefasst. Mit 33 Ja-Stimmen und drei Enthaltungen verlor Keller zudem weiter dramatisch an Rückhalt gegenüber einer Abstimmung vom vergangenen Sonntag (26 Ja, 9 Nein, 2 Enthaltungen), als ihm die Präsidenten der Regional- und Landesverbände erstmals das Vertrauen entzogen hatten.
Keller will weitermachen
Vor der Konferenz hatte Keller erstmals erstmals Stellung genommen und kein Wort über einen sofortigen Rücktritt verloren. Aber selbst sein Statement ging nicht ohne Panne über die Bühne.
"Ich respektiere das Votum der Konferenz der Regional- und Landesverbände und nehme dieses sehr ernst. Ich bedauere meine affektbeladene Entgleisung zutiefst und bitte erneut um Verzeihung", erklärte der 64-Jährige in einem Statement auf der DFB-Homepage, das wenige Minuten nach der Veröffentlichung für knapp eine Stunde wieder verschwunden war. Von Rücktritt war darin keine Silbe zu lesen, stattdessen betonte Keller: "Ich werde mich den anstehenden Diskussionen nicht entziehen."
Keller sieht seine Aufarbeitung der Altlasten im heillos zerstrittenen Verband noch lange nicht beendet - indirekt deutete er jedoch zumindest einen Abschied an, sobald er seine Mission erfüllt hat. "Es liegt mir am Herzen, persönlich den Weg zu bereiten, dass der DFB mit der Integrität und Transparenz geführt wird, die der Fußball verdient und die nötig ist, um wieder seine volle gesellschaftliche Kraft zu entfalten", sagte er.
DFB-Boss will sich Sportgericht stellen
Zunächst ist Keller aber fest entschlossen, sich als erster DFB-Präsident vor dem Sportgericht zu verantworten. "Selbstverständlich" werde er sich "dem zuständigen Sportgericht und falls nötig dem Bundesgericht" stellen. Das Verfahren gegen den DFB-Chef, der seinen Vizepräsidenten Rainer Koch in einer Sitzung mit dem Nazi-Richter Roland Freisler verglichen hatte, soll in der zweiten Mai-Hälfte beendet sein.
Keller hatte bereits mehrfach für seine Entgleisung um Entschuldigung gebeten. Am Donnerstag besuchte er in München sogar Charlotte Knobloch, die frühere Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland gab ihm Rückendeckung.
Vor dem Treffen mit Knobloch war Keller inmitten einer der größten Krisen der DFB-Geschichte tagelang von der Bildfläche verschwunden. Während der Präsident schwieg, machten seine Widersacher an der Verbandsspitze (Generalsekretär Friedrich Curtius und Schatzmeister Stephan Osnabrügge) bereits Rückzugs-Andeutungen, und DFB-Vize Koch lieferte sich einen heftigen Briefwechsel mit DFL-Chef Christian Seifert und ließ die Situation weiter eskalieren.
Keller will Aufarbeitung vor seinem Amtsantritt
In diesem desaströsen Zustand will Keller den größten Einzelsportverband der Welt nicht verlassen. "Angetreten bin ich für mehr Transparenz im DFB und seinen Gremien. Die bestehenden organisatorischen Herausforderungen des DFB und die dringenden Fragen zur inneren Struktur und Zusammenarbeit in der DFB-Führung müssen jetzt offen angegangen werden", sagte der frühere Boss des Bundesligisten SC Freiburg: "Die Öffentlichkeit verlangt die Aufarbeitung und Klärung der dringlichen Fragen."
Offenbar möchte der Winzer und Gastronom unbedingt noch dafür sorgen, dass fragwürdige Vorgänge vor seinem Amtsantritt 2019 konsequent aufgearbeitet werden. Vor allem die umstrittene Vorgehensweise von Koch, Curtius und Osnabrügge rund um den dubiosen und hochdotierten Vertrag mit einem Kommunikationsberater, der den monatelangen Machtkampf an der Verbandsspitze erst richtig ins Rollen gebracht hat.
Koch verteidigte sich in einem Facebook-Post am Freitag jedoch vehement. Es gehe "durchgängig meine Person betreffend um völlig legale Vorgänge, die permanent an der Wahrheit vorbei dargestellt werden", schrieb der Chef des Bayerischen Fußball-Verbandes (BFV).