Kurz nach dem umstrittenen Finale 2021 in Abu Dhabi, als Lewis Hamilton der WM-Titel in letzter Runde von Max Verstappen entrissen wurde, hat die FIA angekündigt, die Schlussphase des Rennens zu untersuchen. Vieles deutet nun daraufhin, dass die Zukunft von Hamilton von den Ergebnissen dieser Untersuchungen abhängt. Sky Sport mit den wichtigsten Fragen und Antworten.
Wie ist der Stand der Dinge bei der FIA-Überprüfung von Abu Dhabi?
Sky Sports enthüllte am Mittwoch, wie es mit der Untersuchung der FIA zu den Ereignissen beim Saisonfinale von Abu Dhabi weitergeht: Am 15. Dezember, drei Tage nach dem spektakulären Abschluss des letzten Rennens der Saison 2021, kündigte der Formel-1-Weltverband an, dass er eine "Analyse und Klärung" der Geschehnisse einleiten werde, um Lehren für das Jahr 2022 zu ziehen. Die Stewards legten ihren Bericht in der Woche nach dem titelentscheidenden Rennen vor. Seit diesem Montag läuft nun die formale Untersuchungsphase.
Die Einleitung der Untersuchung war eine der letzten Amtshandlungen des ehemaligen Präsidenten Jean Todt, der am 17. Dezember nach zwölf Jahren in diesem Amt zurücktrat. Mohammed Ben Sulayem, ein ehemaliger mehrfacher Rallye-Champion, wurde als Todt-Nachfolger gewählt. Nach den Festtagen sind die Folgen von Abu Dhabi und die damit zusammenhängende, anhaltende Ungewissheit über Hamiltons Zukunft eindeutig die wichtigsten Punkte im 2022er-Terminkalender Ben Sulayems.
"Er hat es zu einer dringenden Angelegenheit gemacht, dass dies geklärt wird", berichtete Sky UK Reporter Craig Slater. "Er will die Sache so schnell wie möglich in Ordnung bringen."
Der 3. Februar - das Datum der ersten Sitzung des World Motor Sport Councils in diesem Jahr - wird als spätester Zeitpunkt angestrebt, an dem die Überprüfung abgeschlossen und die Ergebnisse/Empfehlungen vorgelegt werden sollen.
Was wissen wir über den Prozess der Untersuchungen?
Es wird davon ausgegangen, dass sich Ben Sulayem persönlich in die Angelegenheit einmischt, ebenso wie andere hochrangige Persönlichkeiten des Dachverbands - allen voran Peter Bayer, der die Ermittlungen leitet. Bayer ist der Generalsekretär der FIA für den Motorsport, der nun auch für die Angelegenheiten der Einsitzer im Dachverband zuständig ist.
Die FIA hat erklärt, der Prozess werde "gründlich, objektiv und transparent" sein. Bayer wurde von Toto Wolff namentlich genannt, als der Mercedes-Chef in seiner Pressekonferenz in den Tagen nach dem Rennen sagte, er habe die Zusicherung erhalten, dass nach Abu Dhabi Änderungen vorgenommen würden.
Die FIA hatte bereits angekündigt, dass die Teams und Fahrer in die Untersuchung einbezogen werden sollen. Das Untersuchungsteam sucht das Gespräch mit denjenigen, die beim letzten Rennen eine zentrale Rolle gespielt haben, darunter Rennleiter Michael Masi, die Stewards und wichtige Teamvertreter. Sie werden zwangsläufig auch mit Hamilton und anderen Fahrern sprechen wollen.
Was soll mit der Überprüfung erreicht werden?
In einer ersten Stellungnahme räumte die FIA ein, dass die Auswirkungen der letzten Runden des Saisonfinales und die Reaktionen der Fans "das Image der Meisterschaft trüben". Sie wies aber auch darauf hin, dass die Ereignisse und die anschließenden Auseinandersetzungen "zu erheblichen Missverständnissen und Reaktionen bei den Formel-1-Teams, Fahrern und Fans" geführt hätten.
Der Dachverband erklärte, er wolle "aussagekräftige Rückmeldungen und Schlussfolgerungen vor Beginn der Saison 2022", die im März beginnt, erhalten.
Bei einem Auftritt bei der Rallye Dakar in Saudi-Arabien zu Beginn des Monats sagte Ben Sulayem: "Es ist meine Aufgabe und Pflicht, die Integrität der FIA zu schützen, aber das bedeutet nicht, dass wir unser Reglement nicht überprüfen, und wenn es etwas zu verbessern gibt, werden wir es tun. Ich habe in meiner ersten Pressekonferenz gesagt, dass dies nicht das Buch Gottes ist. Es ist von Menschen geschrieben. Es kann von Menschen verbessert und verändert werden."
Was gibt es Neues über die Zukunft von Masi?
Der F1-Rennleiter der FIA steht wegen seines Umgangs mit dem Safety Car in der Schlussphase in Abu Dhabi weiterhin im Fokus. Seine Zukunft in einer der führenden Positionen des Sports wurde allerdings nicht erst seitdem hinterfragt.
Sky Sports hat erfahren, dass mehrere Teams während der Saison 2021 ihr Misstrauen gegenüber dem Australier geäußert haben. Dies hat bereits vor dem Abschluss in Abu Dhabi zu Kritik und Kontroversen über die Konsequenz der Entscheidungen der Rennleitung geführt. Ist Masi in dieser Position also noch haltbar? Oder gibt es insgesamt zu viel Lärm um seine Person, so dass er selbst oder die FIA mit einer Trennung durchgreifen müssen?
Mercedes hat dementiert, dass es irgendwelche Quid-pro-quo-Deals gegeben hat. In seiner Pressekonferenz vor Weihnachten sagte Wolff, dass Transparenz bei den Ermittlungen nach Abu Dhabi oberstes Gebot sei: "Im Zeitalter der Transparenz können solche Entscheidungen nicht mehr in Hinterzimmern getroffen werden. Ich bin optimistisch, weil die meisten Beteiligten im Sport meine Frustration über die Entscheidungen, die im Laufe des Jahres getroffen wurden, teilen werden. Jeder, der ein Rennfahrer ist, ihr, wir, weiß, was passiert ist. Trotzdem habe ich Zuversicht, weil wir alle an einem Strang in dieselbe Richtung ziehen werden."
Was verspricht sich Mercedes von den Untersuchungen?
Rückblick: Verärgert, fassungslos und bestürzt über die Abfolge der Ereignisse, die dazu führten, dass Hamilton in der letzten Runde der Saison den Weltmeistertitel an Verstappen verlor, legte Mercedes zunächst bei den Stewards Protest gegen das Ergebnis des Rennens ein. Dieser Einspruch wurde abgewiesen, woraufhin Mercedes die Absicht bekundete, den Fall vor das Internationale Berufungsgericht der FIA zu bringen. Letztendlich entschieden sich Wolff & Co., diesen Weg nicht einzuschlagen - allerdings erst nach Gesprächen mit der FIA und der Zusage des Dachverbands, eine umfassende Untersuchung der Geschehnisse einzuleiten.
Das bedeutete jedoch nicht, dass das Team sich nicht mehr ungerecht behandelt fühlte. Wolff, der sich selbst und Hamilton als "desillusioniert" über die Geschehnisse bezeichnet hatte, sagte, dass eine "freie Interpretation der Regeln" durch Masi im Zusammenhang mit dem Einsatz des Safety Cars Hamilton den Titel "geraubt" habe.
Mercedes machte deutlich, dass nun die FIA in der Pflicht sei, zu handeln und konkrete Änderungen vorzunehmen. "Wir werden sie für die Aktionen zur Rechenschaft ziehen, denn wir können nicht in einem Sport weitermachen, der als Sport und des Weiteren als Unterhaltung gedacht ist und nicht umgekehrt", sagte Wolff. "Wir werden durch Ad-hoc-Entscheidungen in jedem Bereich, sei es technisch oder sportlich, erpresst, und deshalb muss es vor dem Saisonstart klare Maßnahmen geben, damit jeder Fahrer, jedes Team und die Fans verstehen, was geht und was nicht geht."
Was bedeutet das alles für die Zukunft von Hamilton?
Mercedes und auch Hamilton warten auf ein aus ihrer Sicht zufriedenstellendes Ergebnis der FIA-Untersuchung. Wie Slater im Interview mit Sky Sport berichtet, ist die Zukunft des siebenfachen Weltmeisters in der Formel 1 sechs Wochen vor den Wintertests noch immer unklar. Das Ergebnis der FIA-Untersuchung ist für die Lösung des Problems dabei von zentraler Bedeutung.
Der siebenfache Weltmeister hat keine Interviews gegeben oder über soziale Medien gepostet, seit er unmittelbar nach dem Rennen vor dem Podium sprach. Sein einziger Kommentar zu den Ereignissen der letzten Runden kam über den Bordfunk, als er sagte: "Das wurde manipuliert", als er in den letzten Kurven des Rennens von Verstappen überholt wurde, der auf frischeren Reifen unterwegs war.
"Mir wurde gesagt: Je länger sich das hinzieht, desto schlimmer ist die Situation für Lewis Hamilton", so Slater.
Hamilton, der nicht an der FIA-Preisverleihungsgala zum Saisonende teilgenommen hat, ist zwar nicht mehr amtierender Weltmeister, aber er bleibt der aktuell größte Name der Formel 1. Im vergangenen Sommer verlängerte er noch seinen Vertrag bei Mercedes um zwei weitere Jahre. Der Brite zeigte sich enthusiastisch im Hinblick auf die neuen Autos. Doch davon ist mittlerweile nichts mehr zu sehen und zu hören. Dass seine Rückkehr ins Formel-1-Auto immer noch nicht bestätigt ist, zeigt seine große Bestürzung über die Vorfälle in Abu Dhabi.
Die Vertragslaufzeiten der F1-Stars
Je nachdem, wie das Ergebnis der Untersuchungen ausfallen wird, wird sich Hamilton bezüglich seiner Zukunft entscheiden. Da der Prozess jedoch wie bereits geschildert noch bis zum 3. Februar dauern kann, heißt es wohl auch in Sachen Hamilton weiterhin Geduld zu beweisen. Allerdings gibt es nun wohl neue Entwicklungen in der Personalie. Wie die Daily Mail berichtet, soll es bereits am Freitag zu einem Treffen zwischen Mercedes-Chef Toto Wolff und dem FIA-Präsidenten kommen. Möglicherweise rückt dann auch schon die Entscheidung von Hamilton zeitlich näher.
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